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Ein Derby mit zwei Gewinnern

33:30 - Überlegener TV Verl verliert Spielfluss und stärkt Moral der HSG

Von Dirk Heidemann,
Marco Purkhart (Texte)
und Wolfgang Wotke (Fotos)
Verl (WB). In der rechten Spielhälfte standen die Akteure der HSG Gütersloh Hand in Hand und ließen mit ihrem lautstarken Anhang immer wieder die Welle durch die Sporthalle an der St. Anna-Straße schwappen. In der linken Spielhälfte standen die Akteure des TV Verl Schulter an Schulter und klatschten mit ihrem Anhang im rhythmischen Takt zum rockigen Beat aus den Boxen. Doch wer hatte das heiße Verbandsliga-Derby eigentlich gewonnen?

Nach Toren der gastgebende TVV, der mit 33:30 (18:12) den dritten Saisonsieg einfuhr. Vom Gefühl her die weiterhin sieglose HSG, die sich als krasser Außenseiter mit toller Moral trotz aussichtslosem Rückstand wieder in die Partie zurückkämpfte und sich so manche Sympathie zurückeroberte, die in den vergangenen Jahren der »Söldnermentalität« verloren gegangen war.
Handballerisch konnten die Gäste den kompakten Verlern indes niemals das Wasser reichen, die mit den aufgrund ihrer Körpermaße furchteinflößend wirkenden Jasmin Gojacic, Matthias Lewerenz, Jens Freier und Olaf Voss wieder einmal in der Abwehr den Grundstein zum Erfolg legten. Mal knallhart zupackend, dann mal wieder mit flinken Fingern den Ball stibitzend - die TVV-Deckung zählt in der Verbandsliga zu den stärksten ihrer Art.
Da die Konzentration der Hausherren nicht ganz bei 100 Prozent angesiedelt war und die HSG am oberen Limit spielte, blieb es zunächst eng. Als sich der TV Verl in Überzahl erstmals auf drei Tore absetzen konnte (8:5/12.), konterte die HSG zum 8:8 (15.). Die zweite Überzahl nutzte der TVV dann aber zur Vorentscheidung: 12:8 nach 18 Minuten. Nun spielten die Meereis-Mannen auch richtig schönen Handball, der sich in einer 17:11-Führung (26.) und dem 18:12-Pausenstand ausdrückte.
Die Gütersloher schienen hingegen mit ihrem Latein am Ende. Lediglich die linke Seite mit Peter Gerfen und Oliver Schöpff sowie Kreisläufer Stefan Christ wurde gehobeneren Verbandsliga-Ansprüchen gerecht. Jan Schulze drückte frühzeitig die Bank und wurde vom wesentlich stärkeren Philipp Christ ersetzt. Rene Bulwien im rechten Rückraum war ein glatter Ausfall und der rechte Flügel von Daniel Wiemann komplett verwaist. Einmal mehr wurde die Personalmisere deutlich, Spielertrainer Oli Schöpff leidet unter dem Mangel an Alternativen.
Da der Spielfluss auf Seiten der Verler nach der Pause immer mehr nachließ, wurde das Derby zum »Jo-Jo-Spiel«: Die HSG kämpfte sich heran (21:18/38.), lag dann wieder deutlich hinten (26:20, 28:22, 30:25), um sich beim »Wild-West-Handball« in der Schlussphase, als aus allen möglichen und unmöglichen Winkeln geworfen wurde, noch auf drei Törchen anzunähern. Immerhin gut für die Moral, die im bevorstehenden Abstiegskampf gefragt sein wird.
Dass Verls Jacek Jahn kurz vor der Schluss-Sirene im Überschwang seiner Glücksgefühle den Ball auf die Tribüne donnerte und dafür vom wenig humorvollen Schiedsrichterduo die rote Karte sah - geschenkt. Denn der quirlige Rückraum-Wirbel behielt im »Handball-Harakiri« der letzten fünf Minuten als einziger Verler den Überblick und erzielte drei ganz wichtige Treffer am Stück.
TV Verl: Kern/Hellmann (ein Siebenmeter) - Gojacic (8/2), Voss (7), Jahn (5), Venker (3), Diekmann (3), Lewerenz (3), Winkler (2), Freier (1), Marcel Müller (1), Perschke.
HSG Gütersloh: Bisping/Jäger (ab 31.) - Gerfen (9/3), Stefan Christ (6), Schöpff (5), Daniel Wiemann (4/3), Philipp Christ (3), Bulwien (2), Schulze (1), Thorsten Wiemann, Sander.

Artikel vom 10.10.2005