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Kampf um die Ehre und Mettbrötchen

Philipp Christ zwischen zwei Fronten

Verl (WB). Er ist eine außergewöhnliche Figur in einem besonderen Handball-Match: Philipp Christ steht als Trainer von TV Verls zweiter Mannschaft und Spieler der HSG Gütersloh beim Verbandsliga-Derby zwischen den Fronten. WB-Mitarbeiter Marco Purkhart fragte den 25-Jährigen, wie er mit dieser ambivalenten Konstellation zurecht kommt.

Du triffst mit einer Mannschaft, der Du in dieser Saison eigentlich nur als Entlastungsspieler aushelfen willst, auf den TV Verl, bei dem Du langfristig als Reserve-Trainer tätig sein möchtest. Mag man da dem »Gegner« überhaupt ein Tor einschenken?Christ: Auch gerne 15! Obwohl in meiner Brust zwei Herzen schlagen, werde ich mich voll für die HSG einsetzen - es geht um die Ehre. Schon allein deshalb, weil ich meiner Verler Reserve im Falle einer Gütersloher Niederlage zwei Kisten Pils und ein Tablett Mettbrötchen spendieren muss.
Es steht unentschieden, die letzten fünf Sekunden ticken und Du läufst mit dem Ball völlig frei aufs Verler Tor zu. Könnte in solch einer entscheidenden Szene nicht trotzdem das Unterbewusstsein ganz automatisch Ladehemmungen hervorrufen?Christ: Natürlich spielt so etwas im Hinterkopf immer eine Rolle. Nachher bin ich noch durch ein entscheidendes Tor dafür verantwortlich, dass Verl nicht aufsteigt - das wäre sehr unglücklich.
Schonmal daran gedacht, solch einer unangenehmen Situation aus dem Weg zu gehen, indem Du einfach nicht aufläufst?Christ: So weit würde ich auch wieder nicht gehen. Das Gute ist, dass dieses Derby zu einem recht frühen Saison-Zeitpunkt stattfindet. Da hat der TV Verl noch genügend Gelegenheiten, die Niederlage gegen uns im Nachhinein wieder auszuwetzen. Diese beiden Punkte werden das Titelrennen schon nicht entscheiden.
Klingt sehr siegesgewiss. Sollte nicht der TV Verl mit seinen großen Ambitionen der haushohe Favorit gegenüber der um ihre Verbandsliga-Existenz kämpfenden HSG sein?Christ: Ich füttere jetzt mal das Phrasenschwein: Ein Derby hat immer seine eigenen Gesetze. Da ist einfach jeder geil aufs Siegen, vor allem vor dieser Zuschauerkulisse - ich rechne mit 1000 Besuchern. Wenn wir es schaffen, dass uns der TVV nicht abhängen kann, dann gewinnen wir am Ende.
Die Zeit nach dem Derby: Wie siehst Du Deine Handball-Zukunft als Spieler und als Trainer?Christ: Als Spieler wird für mich zumindest bei der HSG nach der Saison definitiv Schluss sein. Ob ich woanders noch aktiv bleibe, sehe ich dann - das hängt vor allem von meinem geschädigten Hüftgelenk ab. Den Trainerjob mache ich in Verl jetzt seit anderthalb Jahren. Das waren nicht die letzten, denn es macht mir mächtig Spaß. Und das will was heißen - schließlich haben wir bisher immer nur verloren.

Artikel vom 07.10.2005