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Anwälte stellen
Recherchen an

Gütersloher Pfarrer im Zwielicht


Von Wolfgang Wotke
Gütersloh/Bielefeld (WB). Neun Beweisanträge stellten gestern die Verteidiger der vier jungen Männer aus Gütersloh, die angeklagt sind, im Juni den Gütersloher Pastor Hermann Josef S. überfallen und beraubt zu haben (wir berichteten). Doch die III. Strafkammer schmetterte die Anträge kurzerhand ab.
»Nach der Beurteilung der derzeitigen Beweislage sehen wir dazu keinen Anlass«, sagte der Vorsitzende, Richter Reinhard Kollmeyer kurz und knapp. Er ermahnte hingegen die Beschuldigten, sich vielleicht zu überlegen, ob sie endlich doch nach beharrlichem Schweigen aussagen. »Bei einem Schuldspruch müssen die Angeklagten die Konsequenten tragen, nicht diejenigen, die ihnen dazu geraten haben.«
Die Strafverteidiger Martin Rother aus Gütersloh und Michael Naunheim aus Emsdetten wollten gestern durch ihre vorgetragenen neuen Anträge beweisen, dass das Opfer als Zeuge hinsichtlich des gesamten Tatgeschehens unglaubwürdig ist. Beispielsweise wollten die Rechtsanwälte den Vorgesetzten von Pastor S. in den Zeugenstand berufen. Nach ihren eigenen Recherchen, so Rother, soll er gegenüber einer dritten Person geäußert haben, dass man mit Pfarrer Hermann Josef S. bereits in seiner vorherigen Gemeinde (Iserlohn) Schwierigkeiten in Bezug auf sexuelle Übergriffe auf Jugendliche gehabt habe und diese nun wieder habe.
Weiterhin sollten andere Zeugen aussagen, dass der Geistliche zuvor mehrmals in Gütersloh »negativ aufgefallen« sei und auch andere junge Menschen zum sexuellen Kontakt aufgefordert habe. Er soll sich auch einmal nackt auf seiner Terrasse gezeigt haben. Das könnten Nachbarn bestätigen. Martin Rother: »Das Opfer hat als Zeuge am ersten Verhandlungstag vieles dementiert und abgestritten. Wir hätten durch neue Zeugenaussagen Licht in das Dunkel um den angeblichen Raub bringen können. Man kann den Verlauf der Tat und die spätere Aussage von S. doch nicht so einfach trennen.« Richter Reinhard Kollmeyer: »Wir dürfen den Schwerpunkt nicht verlagern.« Der Prozess geht jetzt in die nächste Runde und wird am Freitag, 21. Oktober, fortgesetzt.
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Artikel vom 06.10.2005