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Orgelherbst
in St. Marien

Eröffnungskonzert am Sonntag

Warburg (WB). Bereits zum fünften Mal lädt die Altstädter Pfarrgemeinde St. Marien zum Warburger Orgelherbst ein. Auch in diesem Jahr ist es wieder gelungen, eine Reihe anerkannter Organisten zu gewinnen, die diese Konzertreihe an der Sandtner-Orgel von St. Marien und der Wormelner Orgel von St. Simon und Judas gestalten.

Neben dem Initiator der Konzertreihe, Johannes Grötzner aus Würzburg, und dem bekannten Warburger Organisten Peter Czerny wirken mit der aus Nörde stammende Helmut Voß, Kantor an St. Laurentius in Bergisch-Gladbach, und Peter Wagner, Domorganist in Minden.
Das Eröffnungskonzert am kommenden Sonntag, 9. Oktober, um 17 Uhr spielt Peter Czerny.
Aus der kleinen Panflöte - der Hirtenflöte der Griechen - hat sich die Orgel als das größte aller Instrumente entwickelt. Musikalische Kunst und Handwerk, Mathematik und Physik, Architektur und bildende Kunst sind an ihrer historischen Bedeutung und dem Klang - Raum - Erlebnis gleichermaßen beteiligt. Die Orgel, das einzige nicht transportable Instrument - ist zum Zeichen der einzelnen Zeiten und Völker des Abendlandes geworden.
Ausgangsort der großartigen Entwicklung der Orgel dürften die Niederlande gewesen sein. Dort entsteht unter den Meisterhänden von noch heute gerühmten Orgelbauern der Prototyp der mehrmanualigen Orgel. Nachhaltigen Einfluss übte dieser Orgeltyp auf Frankreich, Spanien, Deutschland und Italien aus. Nur der Inselstaat England bleibt weitgehend unbeeinflusst.
Auf dem Programm des Eröffnungskonzertes des »Warburger Orgelherbstes« mit seinen insgesamt vier Orgelkonzerten (das zweite mit romantischer französischer Orgelmusik) stehen Orgelwerke barocker Meister, die die Vielfalt des Orgelbarocks in Europa aufzeigen. Als hervorragender Vertreter der deutschen Orgelkunst steht J.S. Bach mit einem Choralvorspiel aus den so genannten »Leipziger Chorälen« an erster Stelle: »Komm Heiliger Geist, Herre Gott« BWV 651.
Es folgt der Spanier Aguilera de Heredia mit einer Trompetenfantasie, die dem spanischen Hofzeremoniell entsprungen sein könnte. Manche Echowirkungen lassen auf den Gebrauch zweier Orgeln schließen, wie sie in den spanischen Kathedralen fast regelmäßig anzutreffen sind.
Als bedeutender italienischer Komponist vertritt Alessandro Scarlatti sein Land mit südlichem Temperament. Die klangliche Darstellung seiner Toccata in A-Dur beschränkt sich im wesentlichen auf den Prinzipal- und Flötenchor sowie Orgelpunkte im Pedal. Das entspricht genau der italienischen Barockorgel, die dem weichen »argentinen« Klang dem Schnarrwerk der Zungenstimmen vorzog. Ein polyphones Pedalspiel wurde in Italien nicht gepflegt, umso mehr das virtuose Manualspiel.
Frankreichs Hochbarockorgel, vorwiegend auf stilisiertem Bläserklang basierend, wird durch Jean - Francois Dandrieu, dem Pariser Hoforganisten, repräsentiert. Die französische Orgel hat ihre eigenen Gesetze, die den Klang als konstruktiven Faktor in den musikalischen Satz einbeziehen. Das Magnifcat in a- Moll besteht aus 6 Versetten, in denen regelhafte Klangvorstellung und Satztechnik zur Einheit werden.
England ist durch zwei Komponisten vertreten: einmal durch John Stanley, einem früh erblindeten Freund G.F. Händels mit einer Suite in D-Dur, zum andern durch den neben Händel berühmtesten Barockmeister Henry Purcell. Die originalen Orgelstücke Purcells, ausnahmslos für den liturgischen Gebrauch bestimmt, sind von untergeordneter Bedeutung. Deshalb erklingt die berühmte Chaconne in F-Dur, die in ihrer originalen Fassung einer Opernmusik entstammt.
Den Abschluss des Konzertes bildet wiederum eine Choralbearbeitung von J.S.Bach: „Wohl mir, dass ich Jesum habe“ aus der Kantate 147.

Artikel vom 06.10.2005