05.10.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Falsche Rechnung für Solarenergie

Zusatzkosten und Subventionen bei konventioneller Stromerzeugung


Zum Leserbrief »Neue Solaranlage auf Gymnasium-Dach kostet Stromverbraucher 500 000 Euro« (WV vom 30. September):
Die Berechnung von Herrn Alfons Langhanki ist abenteuerlich, weil er entscheidende Rechengrößen verfälscht oder ganz unterschlägt. Zum einen beträgt der durchschnittliche Handelspreis für Strom nicht 2,5 bis 3 Cent pro Kilowattstunde (ct/kWh), sondern ca. 4,5 ct/kWh. Zum anderen wird Solarstrom ausschließlich in der Hochtarifzeit erzeugt, in der der Marktpreis ca. 25 Prozent über dem Tagesdurchschnitt liegt. Der tatsächliche Marktwert von Solarstrom ist also etwa doppelt so hoch wie Herr Langhanki behauptet.
Außerdem unterschlägt Herr Langhanki die mit der Stromerzeugung verbundenen Umwelt-, Gesundheits- und Sozialkosten, die im Marktpreis nicht enthalten sind und aus Steuermitteln bzw. Sozialabgaben finanziert werden. In der Studie »External Costs of Energy« der EU-Kommission wurden durchschnittliche Zusatzkosten von ca. 5 ct/kWh ermittelt. Andere Studien schätzen die Schadkosten für Kohlendioxid-Emissionen höher ein als in der EU-Studie und kommen für die herkömmliche Stromerzeugung auf externe Kosten bis zu 20 ct/kWh. Diese externen Kosten, die die Volkswirtschaft belasten, können bei der Nutzung erneuerbarer Energien eingespart werden.
Völlig außer Betracht läßt Herr Langhanki auch die Subventionen für konventionelle Energieträger. So betragen zum Beispiel allein die direkten staatlichen Beihilfen für den Steinkohlebergbau derzeit ca. 4 bis 5 ct/kWh. Und die Nutzung der Kernenergie in Deutschland wurde bis 1995 mit Steuergeldern von ca. 82 Milliarden Euro unterstützt. Zudem wird die Atomindustrie weiterhin Jahr für Jahr mit Steuerprivilegien in Milliardenhöhe subventioniert. Ohne die Beihilfen des Staates wären Kohle- und Atomstrom mindestens dreimal so teuer.
Unter Berücksichtigung der staatlichen Beihilfen und der externen Kosten der Stromerzeugung, die die Staatsfinanzen und die Volkswirtschaft belasten, ist Solarstrom nicht 10 bis 20 mal so teuer wie konventionell erzeugter Strom, wie Herr Langhanki behauptet, sondern kostet derzeit noch drei- bis viermal soviel. Die Kosten für Solarstrom konnten in den vergangenen zehn Jahren bereits etwa halbiert werden und werden bis 2015 voraussichtlich nochmals um 50 Prozent sinken, während die allgemeinen Strompreise voraussichtlich kontinuierlich weiter steigen. Prognosen gehen davon aus, daß Solarstrom etwa ab 2020 genauso wirtschaftlich sein wird wie herkömmlich erzeugter Strom.
Die weltweit verfügbaren Uran- und Erdölreserven reichen nicht einmal mehr für drei Generationen. Es ist also höchste Zeit, die Weichen für eine sichere Energieversorgung der Zukunft zu stellen, indem die Nutzung unerschöpflicher Energiequellen (Sonne, Wasser, Wind, Biomasse, Erdwärme) gefördert und verstärkt wird.
Den Initiatoren für die Solaranlage am Goerdeler-Gymnasium, die sich für die Nutzung erneuerbarer Energien engagieren, sei Dank gesagt für Weitsicht und Verantwortungsbewußtsein. Laßt Euch von Rechenkünstlern wie Herrn Langhanki nicht beirren und macht im Interesse unserer Kinder und Enkel weiter so.
JÜRGEN WRONA
Mozartstraße 23
Ostenland

Artikel vom 05.10.2005