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Für Bann-Bruch
kein »Sorry« fällig

Zwölf Jahre SCV-Sieglosigkeit vorbei

Verl (mapu). Man hätte meinen können, Mario Ermisch hat an seinem 48. Geburtstag Gottes Glücks-Gabe und die Gütersloher Geschenke von Beginn an fest eingeplant - so sehr strapazierte sein SC Verl im Oberliga-Derby den fast gerissenen Dusel-Faden gegen den wie wild anrennenden FCG. Das tiefe Verler Versacken in der eigenen Hälfte lud die Gastgeber förmlich zu nicht enden wollenden Sturmläufen ein.

Während der SCV im Laufe der ersten Hälfte immer mehr zu seiner in dieser Saison so typisch attraktiven Spiel-Kultur zu finden schien und jeder im Heidewald-Stadion dank der 2:0-Pausen-Führung mit einer zweifellosen Verler Machtdemonstration rechnete, ging stattdessen nach Wiederanpfiff die Struktur bei der Ölbach-Elf völlig flöten. »Einigeln und rausbolzen« lautete fortan die devote Devise, was angesichts des weit verbreiteten SCV-Rufs, eine Klasse-Mannschaft zu sein, Irritationen auf den Rängen hervorrief.
Genau dort, auf der prall gefüllten Tribüne, sah Mario Ermisch allerdings die einzig plausible Ursache für die Zurückhaltung seiner Fußballer: eine atmosphärische Kulisse von 4000 Zuschauern. »Wann spielen meine Jungs schon mal vor solch einer Menge«, bringt der Trainer Verständnis für die lähmungsartige Total-Verteidigung auf, zumal »wir doch einige junge Leute im Team haben, die so etwas teilweise zum ersten Mal miterlebt haben«. Und mit dem 36-jährigen Jörg Bode habe sich ein bundesligaerprobter Routinier als abgezockter Fels in der Brandung hervorgehoben, der mit seinen zwei Toren die Partie im Alleingang entschied.
Weitere Erklärungen ist der Coach der Öffentlichkeit nicht schuldig - geschweige denn eine Entschuldigung für die im Allgemeinen als »unverdient« wahrgenommenen drei Punkte. Denn das fast schon unverschämte Glück der zweiten 45 Minuten gegen den FCG hatte sich der SC Verl nur wenige Tage zuvor in einer anderen Halbzeit bereits mehr als verdient. An jenem »Schwarzen Mittwoch« rannte der SCV an der heimischen Poststraße noch vehementer gegen die SF Lotte an, als es die Gütersloher gegen die Verler taten - und ging zur »Belohnung« zum ersten Mal zu Hause auf Kosten des zweiten Tabellenplatzes mit 0:2 baden.
Da ist »zittern und siegen« doch eine willkommene Alternative zu »zaubern und vergeigen«. Vor allem, wenn's gegen den benachbarten Erzfeind in dessen »heiligem Party-Stadion« (Ermisch) geht und zugleich ein zwölf Jahre alter Bann gebrochen wurde: Den letzten Auswärtscoup im Gütersloher Heidewald landete der SCV am 17. April 1993 unter Trainer Bernard Dietz. Vor »nur« 2400 Zuschauern gelang ein 2:1-Triumph.

Artikel vom 05.10.2005