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Kino-Klassiker starten mit der »Weißen Rose«

Bewegendes Werk auf der Bühne des Theaters im Park

Bad Oeynhausen (nuss). Mit dem Theaterstück »Die weiße Rose« von Lillian Garret-Groag wurde am Donnerstag die Reihe Kino-Klassiker im Theater im Park eröffnet. Das Westfälische Landestheater Castrop-Rauxel brachte ein bewegendes Werk auf die Bühne, das in knapp gehaltener Kulisse hauptsächlich die Verhöre von Sophie Scholl und ihrem Bruder Hans durch die Gestapo zeigt.

Zu Beginn des Stückes vernahm man im verdunkelten Theater im Park durch Lautsprecher verstärkte Worte. Es handelte sich um die Texte der Flugblätter, die Hans und Sophie Scholl gemeinsam mit Kommilitonen in Süddeutschland und Österreich verteilten. Die Konzentration auf das gesprochene Wort verdeutlichte den Zuhörern eindringlich dessen Gewichtigkeit.
Die Bühne, lediglich erhellt durch eine schlichte Blechlampe, zeigte das Münchner Büro der Gestapo. Hier verhörte Robert Mohr (Walter Theil) die 21-jährige Sophie Scholl (Julia Körnig), die ihn zu seinem Erstaunen mit »Heil Hitler« begrüßte. Doch nicht Willkür kennzeichneten das Handeln Mohrs, sondern Sachlichkeit und der Glaube an die deutsche Justiz bestimmten sein Handeln. Und so ist er nicht von der Schuldigkeit Sophies überzeugt, hält die Beweise, die sein Untergebener Anton Mahler, sehr überzeugend von Stefan Leonard gespielt, für unzureichend und verlangt ein faires Verfahren gegen die Geschwister Scholl.
Die Figur des Robert Mohr zeigt viele Parallelen zu Pilatus in der Passionsgeschichte. Mohr weiß, dass die Scholls hehre Motive für ihr Handeln haben, und er hätte sogar die Macht, einen Prozess zu verhindern. Doch er beugt sich, fügt sich den eiligen Schauprozessmethoden des Volksgerichtshofes, dessen Vorsitzer, der Todesrichter Roland Freisler, die Geschwister Scholl zum Tod verurteilt. In der vorletzten Szene führt ihm Sophie Scholl sein Verhalten eindringlich vor Augen: »Sie versuchen gar nicht, mich zu retten; Sie versuchen, sich selbst zu retten!«
Die fünf Verhörtage in Mohrs Büro im Februar 1943 waren unterbrochen von Rückblenden, die die Entstehung der »weißen Rose« zeigte, ihre Gedanken und Ziele erklärte und dem Publikum auf spannende Art und Weise vor Augen führte, wie gefährlich der Einsatz der jungen Studenten für Ehre und Freiheit verlief.
Christoph Zapatkas Inszenierung kommt mit einem Bühnenbild aus, das durch Verlagerung der Beleuchtung die Büros von Mohr und Mahler sowie die Wohnung der Geschwister Scholl zeigte. Die Handlung des Stückes, das in der deutschen Übertragung durch Constanze Hagelberg auf die Bühne kam, wurde bestimmt durch den Dialog von Mohr und Sophie Scholl, deren Rollen exzellent besetzt waren.
Einige Schulklassen waren angereist, um sich das Stück anzuschauen, das ihnen bereits als mit von Preisen hoch dekorierter Kinofilm bekannt war. Lang anhaltender Applaus für die Darsteller untermauerte die gelungene Aufführung.

Artikel vom 01.10.2005