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Mit dem »Hammer« in die Wüste

Sebastian Gellrich hat einen amerikanischen Militärgeländewagen restauriert

Von Monika Schönfeld
(Text und Fotos)
Schloß Holte-Stukenbrock (WB). Der Veteran ist so breit wie manches normale Auto lang. Und er hat schon schlechtere Tage gesehen. Sein Name ist unaussprechlich, deshalb gibt es nur Kosenamen. Im Amerikanischen heißt er »Hamvy«, auf Deutsch wird er »Hammer« genannt. Sebastian Gellrich hat das Militärfahrzeug ohne Reifen, ohne Motor und ohne Innenleben bekommen und innerhalb von zwei Jahren wieder aufgebaut. Mit Originalteilen. Bis auf eine Ausnahme: Sportsitze sorgen statt der ursprünglichen »gepolsterten Bretter« für Sitzkomfort.

»Es ist ein Veteran aus dem ersten Irak-Krieg und wurde von der Airforce als Geländewagen genutzt«, sagt Gellrich. Zehn Jahre lang stand der HMMWV (High Military Multipurpose Vehicle) in der Wüste. Geschätztes Baujahr 1988. Ein Freund aus Lahr im Schwarzwald hat die Karosse importiert. Der »Hammer« hat jetzt einen Original-V8-Diesel-Motor mit 6,2 Liter Hubraum, 116 Kilowatt (157 PS) Leistung. »Wenn man will, fährt er 160. Das ist aber nicht ratsam«, sagt der 28-jährige Automechaniker. Bei »normaler« Fahrweise nimmt sich der »Hammer« 12 bis 18 Liter auf 100 Kilometer.
Da das Fahrzeug mehr als 3,5 Tonnen wiegt, können Inhaber eines »alten« Führerscheins ihn mit Klasse III fahren, Neulinge brauchen einen Lkw-Führerschein. Sebastian Gellrich benutzt den »Hammer« als Alltagsfahrzeug, war damit sogar in Dänemark im Urlaub. Ein echter Hingucker, obwohl Gellrich inzwischen mehrere Leute kennt, die einen »Hammer« fahren. Gellrich fährt gern »offroad« und möchte bei der Elchott-Rallye in Tunesien mitmachen, bei der es 4000 Kilometer durch die Wüste geht.
Der »Hammer« wird von AM General seit 1990 auch für Zivilisten gebaut - dann edel von innen, mit einer innen verkleideten Tür statt eines »Deckels« und der militärisch-spartanischen Ausstattung.
Sebastian Gellrich hat bei Opel Hülsmann gelernt und seit 1998 selbstständig einen An- und Verkauf geführt. Mit einer Sondergenehmigung der Handwerkskammer durfte er eine Autowerkstatt gründen, seit dem Jahr 2000 ist er an der Oststraße Chef eines Zwei-Mann-Betriebs. »Als Kfz-Fachbetrieb kann ich in meiner Werkstatt alles machen, was andere Werkstätten auch machen - nur nicht ausbilden.« Während Sebastian Gellrich sich gern mit Geländewagen beschäftigt, ist sein Mitarbeiter André Kruschwitz spezialisiert aufs Tuning.
Fahrwerksoptimierung, Karosserien tiefer legen, Alufelgen - das Tuning ist wieder in Mode. Aber anders als früher: Dezent muss es sein, dicke Reifen und ein bisschen tiefergelegt kommt an. »Das ist ein kleiner Kundenstamm. Aber es sind Leute im Alter von 18 bis 98, die ihrem Auto einen individuellen Charakter geben wollen. Und das gilt für alle Marken - vom VW Lupo bis zum Mercedes.« So werden in der Werkstatt von Gellrich viele Motoren umgebaut. Bei Dieselmotoren kann sogar bei gleicher Leistung der Spritverbrauch um einen Liter auf 100 Kilometer gedrosselt werden. André Kruschwitz fährt selbst einen getunten Opel. »Weil das nicht jeder hat«, sagt der Mechaniker, der regelmäßig freitags in Bielefeld an der Oldentruper Straße im »Speed« andere Opelfahrer trifft.

Artikel vom 05.10.2005