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Gefälschte Arzneien
können tödlich sein

Apotheken unterliegen strengen Kontrollen

Von Alexandra Rüther
Brakel (WB). Raubkopien von Musik-CDs, Software-Programmen oder Kinofilmen sind längst kein Geheimnis und keine Seltenheit mehr. Der lukrative Fälschermarkt macht aber auch vor Medikamenten nicht halt. Medikamentenfälschungen sind verbreitet und besonders gefährlich. Davor warnt auch Hans-Jürgen Verse, Bezirksgeschäftsführer bei der DAK Höxter.

»Das Problem ist«, so erklärt der Brakeler Apotheker Walter Rose, »dass diese Fälschungen entweder gar keine Wirkstoffe enthalten, zu niedrige, zu hohe oder die falschen«. So könnten die Wirkungen gefälschter Medikamente tatsächlich tödlich sein. Eine weitere Erkenntnis, die aus Studien der Weltgesund-heitsorganisation (WHO) hervorgeht: Antibiotika und verstärkt auch Life-Style-Medikamente wie zum Beispiel Viagra bei Potenzstörungen stehen ganz oben auf der Liste der Fälscher.
»Gerade bei Viagra besteht das Problem, dass viele Patienten aus Scham nicht in die Apotheke gehen und sich das Mittel auf anderen Wegen beschaffen«, sagt Walter Rose.
Der sicherste Weg ist aber nach wie vor der in die Apotheke, denn die dort angebotenen Medikamente unterliegen einer strengen Kontrolle. »Der Weg vom Hersteller über den Großhandel bis in die Apotheke ist lückenlos nachzuvollziehen, die Packungen sind zudem sichtbar versiegelt«, erklärt der Brakeler Apotheker. Er und seine Kollegen nehmen wöchentlich mindestens sechs Präparate wahllos aus dem Sortiment und überprüfen sie. Die Ergebnisse gehen an die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker. Ergeben sich Mängel oder eventuelle Risiken, werden die Produkte sofort aus dem Sortiment genommen.
Der aktuelle Trend zur Liberalisierung der Arzneimittelversorgung - beispielsweise durch Einführung des Versandhandels - beinhalte ein eminentes Gefährdungspotenzial für das bisher so sichere deutsche System der Arzneimittelversorgung, warnt Hans-Güner Friese, Präsident der Apothekerkammer Westfalen-Lippe. »Wozu liberalisierte und allein an der Kostenminimierung orientierte Strukturen führen, haben wir vor einiger Zeit bei der BSE-Krise leidvoll erlebt. Da gab es Rinderhälften, die zwölf bis 17 EU-Länder durchquerten und dabei 15mal umdeklariert wurden.« Eine ähnliche Entwicklung gelte es im Arzneimittelbereich zu verhindern: »Begriffe wie Liberalisierung finden da ihre Grenze, wo sie die Gesundheit der Bevölkerung gefährden..«
Der Versandhandel spiele in Deutschland zwar noch keine so große Rolle, sagt Walter Rose, da die Apotheken hierzulande an festgelegte Preise gebunden seien. »Wir dürfen keine Rabatte geben.« Sitzt der Vertrieb aber beispielsweise in Holland, sind Preisnachlässe durchaus möglich. »Dagegen sind wir machtlos«, erklärt Rose. Auch Importe aus Italien oder Spanien sind in der Regel billiger, was mit den verschiedenen Sozialsystemen zu tun hat, die Preisbildung ist eine andere.
Ob es allerdings - auch aus ökologischer Sicht - so sinnvoll ist, die Präparate erst fünfmal hin und her zu fahren, und sie dann zu verkaufen, sei auch dahingestellt.

Artikel vom 30.09.2005