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Von Peter Bollig

Gütersloher
Wochenschauer

Kirche muss schnell reagieren


Für die Katholiken in Blankenhagen ist der Skandal um Pastor Hermann-Josef S. ein Schock. Und Eltern sowie Jugendbetreuer der Gemeinde werden das Eingeständnis seiner sexuellen Neigungen und seine Schilderung pikanter Details über seinen Umgang mit jungen Männern mit großer Sorge vernommen haben.
Freilich darf es nicht darum gehen, aufgrund von Gerüchten den Geistlichen vorzuverurteilen. Weit mehr als nur ein Gerücht ist aber das, was der Priester am Montag unter den bohrenden Fragen der Richter eingeräumt hat: dass er mit Jugendlichen und jungen Erwachsen in äußerst derber Weise über Sex und seine sexuellen Vorlieben gesprochen hat und dass er mit einem 18-Jährigen auf dem Weg ins Schlafzimmer war, als ihn die jungen Leute zusammengeschlagen haben. Schon der harmlosere Umstand, dass der Geistliche mit Jugendlichen Alkohol trinkt, wirft die Frage auf, wie die Amtskirche auf solche Entgleisungen angemessen reagieren muss. Dass sie derzeit gar nicht reagiert, ist nicht akzeptabel.
Der lapidare Verweis des Paderborner Generalvikariats auf eine große Erfahrung im Umgang mit solchen Fällen und die Betonung, man würde schon handeln, wenn es dringend notwendig wäre, sowie der Hinweis, man suche eine andere Aufgabe für den Pastor, hinterlässt den Beigeschmack, die Kirche wolle den Fall aussitzen und bagatellisieren. Ebenso der Verweis auf ein laufendes Verfahren, das man erst abwarten wolle. Der Pastor hat am Montag ein klares Bekenntnis abgeliefert. Wären Vertreter der Kirche im Gerichtssaal gewesen, hätten sie ausreichend Hinweise darauf, dass sie sofort handeln und den Priester ohne Zögern beurlauben müssten.
Der Gemeinde ist ein Gottesdienst mit einem Priester, der den strengen Anforderungen seines Standes selbst nicht gerecht wird, nicht zumutbar. Er wäre unglaubwürdig »wie ein falscher Prophet«, hieß es aus der eigenen Gemeinde.
Die schnelle Reaktion blieb dennoch nicht aus. Statt aus Paderborn kam sie allerdings vom Kirchenvorstand vor Ort: Pfarrer Viktor Primus hat seinen Kollegen zu Recht gedrängt, sich beurlauben zu lassen. Denn es geht auch um das Ansehen und die Glaubwürdigkeit der örtlichen Priester und Gemeindemitarbeiter, die sich seriös um die Jugendlichen bemühen.

Artikel vom 01.10.2005