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Arbeitsplätze
schaffen und die
Umwelt schützen

Recyclingbörse zehn Jahre erfolgreich

Von Julika Schmidt (Text)
und Lars Rohrandt (Fotos)
Bünde (BZ). Umweltschutz und Schaffung von Arbeitsplätzen - diesem gemeinnützigen Ziel hat sich der Verein Recyclingbörse verschrieben. Das Prinzip: Damit alter aber noch brauchbarer Hausrat wie Möbel oder Elektrogeräte nicht auf dem Müll landen, nimmt die Recyclingbörse diese Waren als Spende an und verkauft sie zu kleinen Preisen weiter. »Für rund 500 Euro kann sich eine vierköpfige Familie bei uns ihren Haushalt komplett einrichten«, erläutert Vorstandsmitglied Claudio Vendramin.

In der ehemaligen Porzellanfabrik an der Wasserbreite hat die Recyclingbörse nun seit gut zehn Jahren ihren Sitz. Auf zwei Etagen bietet das verwinkelte Gebäude aus dem 19. Jahrhundert eine geräumige Ausstellungsfläche für die verschiedensten Waren: Betritt der Besucher das Erdgeschoss, findet er zunächst Großmöbel wie Sofas, Schränke, Küchen und Betten vor. In einer Ecke stehen Fahrräder, die qualifizierte Mitarbeiter der Werkstatt in Herford generalüberholt haben. Beim Kauf gibt es deshalb auch zwei Monate Garantie. Ein Stockwerk höher sind unter anderem Porzellan, Glas, Kleidung, Bücher oder Kinderspielzeug ausgestellt.
»Je nachdem, was die Leute spenden, gestaltet sich das Angebot«, erzählt Berit Mißner, die zusammen mit ihrer Kollegin Uschi Wüllner den Bünder Betrieb leitet. Damit das Sortiment auch für die Stammkunden, die ein Mal in der Woche auf der Suche nach Schnäppchen sind, nicht langweilig wird, müssen »Ladenhüter« nach spätestens drei Wochen ihren Platz räumen. So gibt es immer wieder neue Waren zu entdecken.
Auch wenn Spenden grundsätzlich willkommen sind, so genügen nicht alle von ihnen den Auswahlkriterien. »Die Erfahrung hat gezeigt, dass Antikes bei den Kunden nicht gut läuft«, kommentiert Vendramin. So gibt es für große Gegenständen wie Möbelgruppen oder Haushaltsauflösungen einen »Ansichtstermin«, bei dem die Recyclingbörsen-Mitarbeiter nur die geeigneten Stücke heraussuchen.
Die anfallende Arbeit bei der Recyclingbörse bewerkstelligen derzeit 35 so genannte 1-Euro-Jobber, die die Arbeitsgemeinschaft für Arbeit im Kreis Herford (ARGE) dorthin vermittelt hat. Insgesamt sechs Monate lang stellen sie ihre Arbeitskraft für 30 Stunden in der Woche zur Verfügung. Davon gehen 20 Prozent in Weiterbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen wie die Module »Bewerbungstraining«, »Lager und Transport«, »Verkauf und Kasse«, »Staplerführerschein« oder »EDV-Kurse«. Sind die sechs Monate um, erfolgt nach positiver Beurteilung des Jobbers eine Nachfolgemaßnahme. Auf diesem Wege sollen die ehemals Langzeitarbeitslosen oder Leistungsgeminderten in die Arbeitswelt reintegriert werden.
Doch die Frustration bei den 1-Euro-Jobbern ist groß. »Oft sitzen sie nach dem halben Jahr bei uns wieder Zuhause«, erzählt Berit Mißner. »Dabei weiß ich aus langer Erfahrung, dass sie hoch motiviert sind und arbeiten wollen«. Derzeit fehlen der Recyclingbörse zehn Praktikumsplätze für ihre Schützlinge - für einen Monat sollen diese unentgeltlich in ein Unternehmen hineinschnuppern, so dass potenzielle Arbeitgeber- und -nehmer sich kennenlernen können. Unterstützung wird dringend benötigt, denn während bis vor einem Jahr rund 50 bis 60 Prozent der Recyclingbörsen-Mitarbeiter vermittelt werden können, gelingt dies derzeit weitaus weniger.
Für die Zukunft wünscht sich Claudio Vendramin, dass die ARGE die Verweildauer der 1-Euro-Jobber bei der Recyclingbörse wieder auf ein bis zwei Jahre anhebt - wie es vor Beginn von Hartz IV war. So könne man sie besser für den Arbeitsmarkt »fit« machen und die Chancen auf eine Vermittlung steigern. Zudem hofft er, dass die Preise für die Müllentsorgung weiterhin ansteigen: »Nur so kann man die Verbraucher zu einem sparsameren und damit umweltfreundlicherem Verhalten bringen«. Weitere Infos:
www.recyclingboerse.org

Artikel vom 30.09.2005