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Was tut ein Minister nicht
alles, um im Amt zu bleiben...

Vergnügliches Theaterstück um Politik und Moral im PZ

Von Ulrich Schlottmann
Warburg (WB). Einen spritzigen Auftakt der neuen Warburger Theatersaison erlebten die Zuschauer am Dienstagabend im vollbesetzten Pädagogischen Zentrum mit der Komödie »Schwarzgeld für weiße Tauben«. Was in dieser Politsatire an Koalitionen geschmiedet wurde, hatte zwar mit der aktuellen Situation in Deutschland wenig zu tun, aber dass Minister (manchmal sogar Kanzler) vieles zu tun bereit sind, nur um im Amt zu bleiben, soll ja durchaus vorkommen...

Wer Parteifreunde hat, der braucht sich um Feinde nicht zu sorgen. Diese alte Erfahrung macht auch der französische Minister Guéraud (Volker Brandt). Ganz unvermittelt wird er von seinem Parteigenossen Bouladon (Rudolf Otahal) mit einer Akte erpresst, aus der hervorgeht, dass er Spendengelder für sich zweckentfremdet hat. Dass Bouladon für sein Schweigen »einen Botschafterposten in einem warmen Land« verlangt, klingt in den Ohren des um seinen Posten fürchtenden Ministers ja noch machbar. Aber dass der für seine amourösen Ambitionen bekannte Abgeordnete darüber hinaus mit der attraktiven Ministergattin Pauline (Sibylle Nicolai) eine Woche in der Karibik verbringen will, bereitet Guéraud doch Probleme. Nicht etwa, dass er große moralische Bedenken hätte, aber er weiß um die Tugendhaftigkeit seiner Frau - und das macht die Sache schwierig.
Aber Guéraud und sein Sekretär Thibout (Roland Peek) beherrschen ihr Metier: Pauline ist letztlich bereit, sich für die Karriere ihres Mannes - und damit ihren Lebensstandard - an den weißen Stränden zu opfern.
Doch Guéraud fährt zweigleisig: Er setzt seine Öffentlichkeitsreferentin Agathe (Susanne Meikl) auf den Erpresser an, und der früheren Geheimagentin gelingt es tatsächlich, die brisante Akte an sich zu bringen. Der Minister scheint aus dem Schneider zu sein, doch er sieht sich arg getäuscht, denn jetzt fordert Agathe von ihm für die Herausgabe der Korruptionsbeweise eine Million.
Besser das Geld los werden, als die Ehefrau in den Armen eines anderen zu wissen, denkt sich der Minister und zahlt. Zu früh allerdings, denn Bouladon klaut die Akte aus dem Kofferraum von Agathes Wagen und beharrt auf der Karibikreise mit Pauline, die inzwischen von den sexuellen Qualitäten des Abgeordnete erfahren hat und diesem Abenteuer gar nicht mehr so abgeneigt ist.
Dazu kommt es allerdings nicht, denn Bouladons Ehefrau kehrt vorzeitig aus dem Urlaub zurück und ruft ihren Mann zur Räson. Nun scheint Guéraud endgültig gerettet zu sein, hätte sich Thibaut nicht inzwischen an Bouladons Kofferraum zu schaffen gemacht und mit der brisanten Akte in der Hand Ambitionen auf ein Spitzenamt bei der Nationalbank entwickelt...
Allzu politisch geht es in der von Pierre Sauvil geschriebenen Geschichte um Machterhalt, Geld und Moral nicht zu, denn sonst hätte wohl ein Trauerspiel und keine Komödie auf dem Spielplan gestanden. So befasst sich das Stück in fröhlich-beschwingter Weise, mitunter aber auch bissig, mit einem Thema, bei dem sich das zuschauende Volk - in Frankreich, Deutschland und anderswo - tatsächlich an vieles gewöhnt hat und sich nur noch über wenig entrüstet - allerdings auch selten erheitert. So ist es eigentlich ja traurig, dass die Komödie mittlerweile als durchaus geeignetes Medium erscheint, um Vorgänge wie Vorteilsnahme, Erpressung und Vetternwirtschaft in der Politik zu beleuchten, aber diese Erkenntnis ändert nichts an der Tatsache, dass die Schauspieler dem Publikum im PZ zwei ausgesprochen unterhaltsame Stunden bescherten. Den beiden TV-Stars Volker Brandt und Sibylle Nicolai galt dabei naturgemäß das besondere Interesse, doch sie ragten keineswegs aus einer insgesamt hervorragenden Ensembleleistung hervor.
Ein toller Auftakt für die neue Saison der Warburger Theaterreihe!

Artikel vom 29.09.2005