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Zeugen bringen wenig Licht ins Dunkel

Nach 20 Jahren viele Erinnerungslücken im Mordfall Riewe - Indizien sollen Beweis liefern

Vom Prozessauftakt berichtet
Friederike Niemeyer
Steinhagen/Bielefeld (WB). Als Martha Riewe vor 20 Jahren auf grauenhafte Weise ums Leben kam, wurde dies erst zwei Tage später entdeckt: Sie hatte sehr zurückgezogen, ja einsiedlerisch, gelebt. Das Bielefelder Landgericht hatte auch darum gestern beim Mordprozess-Auftakt Schwierigkeiten, Licht ins Dunkel der Tatumstände zu bringen.

Zwischen 15.30 Uhr am 11. September und 24 Uhr am 12. September 1985 war die damals 63-jährige Martha Riewe in ihrem Bauernhaus am Bußberg gewaltsam zu Tode gekommen, verblutet an zahlreichen Stockschlägen und Tritten und erstickt durch Würgen und Strangulieren mit einem Handtuch. Das besagen Totenschein und Obduktion. Erst 20 Jahre später, im Frühjahr dieses Jahres, war durch neue Kriminaltechnik - »genetischer Fingerabdruck« - der mutmaßliche Täter Spasoje V. ermittelt worden.
Aber welche Verbindung gab es zwischen dem Opfer und dem Angeklagten, dem heute 53-jährigen Serben? In ihrer Zeugenvernehmung musste die Vorsitzende Richterin Jutta Albert ein ums andere Mal Differenzen zu den ersten Vernehmungen im September 1985 feststellen. Nach Aussage der Nachbarn lebte Martha Riewe nicht nur äußerst bescheiden und zurückgezogen. Sie war auch ausgesprochen misstrauisch gegenüber Menschen, ließ nur einzelne Vertraute in ihr Haus. Geld verdiente sie durch Obstverkauf und die Vermietung von Grundstücken sowie eines Hauses.
Auch der heute 66-jährige Gastwirt Michael G. hatte seine Wohnung und eine Wiese für seine Schafe bei ihr angemietet. Zum Ausbessern des Weidezaunes brachte er seinen zeitweiligen Arbeitskollegen Spasoje V. mit an den Bußberg. Von Kontakten zwischen Martha Riewe und dem Angeklagten habe er nichts mitbekommen, wollte er die von der Staatsanwaltschaft ermittelten gelegentlichen Hilfsarbeiten von Spasoje V. für die Bäuerin aber nicht bestätigen. Von der Spielleidenschaft des Angeklagten konnte er hingegen berichten. Etwa einmal die Woche habe man zusammen um hundert oder zweihundert Mark gespielt, auch zu Schulden sei es gekommen.
Der Angeklagte selbst machte zwar Angaben zu seiner Person, seine finanzielle Situation und seine Beziehung zum Opfer sparte er aber aus. Statt dessen berichtete er von seinen wechselnden Jobs, seit er 1979 aus Serbien nach Steinhagen gekommen war. Dazu gehörte auch ein Ausbeiner-Lehrgang in Versmold, woraufhin er als selbstständiger Metzger arbeitete. 1986 erlitt er einen Arbeitsunfall und lebt seit 1993 wegen seiner daraus folgenden Epilepsie-Erkrankung von Sozialhilfe.
Auch wenn die Zeugenaussagen wenig Beweiskräftiges erbrachten. Einen Grund, das Verfahren auf die leichte Schulter zu nehmen, gebe es aber sicher nicht, spielte Richterin Jutta Albert am Ende auf das stete Lächeln im Gesicht des Angeklagten an: »Es gibt sehr viele Spuren, die für ihre Täterschaft sprechen.« Und die sollen in der weiteren Verhandlung vorgestellt werden. Siehe Bericht OWL

Artikel vom 29.09.2005