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»So ein Haus muss man lieben«

Die Finks haben mit ihrem alten Fachwerkgebäude viel erlebt

Von Thomas Hochstätter
(Text und Fotos)
Löhne (LZ). »In gute Hände abzugeben« heißt es, wenn man seinen treuen Hund verkaufen will. Was aber sagt man bei einem Haus? Vor dieser Frage stehen derzeit die Finks in Löhne-Ort. Denn sie wollen ihr 150 Jahre altes Fachwerkhaus verkaufen, einen lieben Weggefährten der vergangenen Jahre.

Wie es ist, in einem Denkmal zu wohnen, das wissen die Finks ganz genau. Als sie 1992 das bäuerliche Wirtschaftsgebäude am Jansfeld kauften, »da war es eine völlig marode Bruchbude«, erinnert sich Angela Fink. Unter Denkmalschutz stand es trotzdem - oder gerade deswegen? Die Finks dachten nicht lang darüber nach und machten sich an die Arbeit. Und es war viel, viel Arbeit. »Aber wir würden es wieder machen«, sagt die Grundschullehrerin.
Die Untere Denkmalbehörde der Stadt Löhne hat sich damals sehr eingehend mit dem Bau befasst. Jedes Detail wurde dabei sorgfältig abgewogen - auch im Umfeld des Gebäudes. Ein paar Kostproben: »Die im Norden gelegene Anbauruine wird abgebrochen. Da der unter Naturschutz stehende Kastanienbaum nicht entfernt werden darf, ist aufgrund des zu erhaltenden Wurzelwerkes ein Neuanbau nicht gegeben.« Oder: »Bevor die niedrigen Balken im Hauswirtschaftsraum verändert werden, sollte man eher an die Absenkung des Fußbodens denken.« Oder: »Die Küchentür, die vorhandenen Holzverkleidungen und Einbauschränke aus Holz sind unbedingt zu erhalten.«
Trotz so vieler Vorschriften ließen sich die Finks nicht entmutigen, fanden alte Fenster und Türen eines anderen, bereits abgebauten Fachwerkhauses und schufen ihr altes Schätzchen neu. Drei Töchter wurden groß in dem hier ein bisschen schiefen und da ein bisschen luftdurchlässigen Heim. »Das ist eben die rustikale Optik«, sagt Angela Fink, »da ist nicht alles wie mit dem Lineal gezogen. Und dass das Haus im wahrsten Sinne des Wortes atmet, das ist bei Partys auch nicht schlecht: Selbst wenn hier 30 Mann rauchen würden, merkte man das am nächsten Tag nicht.«
Als »klares Zeugnis der Bau- und Wohnweise der ländlichen Bevölkerung in der Mitte des 19. Jahrhunderts« hat die Denkmalschutzbehörde das Haus schließlich eingestuft. Das macht sich auch steuermindernd bemerkbar.
Angela Fink drückt es anders aus: »So ein Haus muss man lieben.« So ein Haus stellt allerdings auch Ansprüche an seine Bewohner. Und das sprichwörtliche In-Schuss-Halten fällt nicht immer leicht. Deswegen haben sich die Finks jetzt entschlossen, ihr Schmuckstück abzugeben. Aber nur in gute Hände. Denn verliebt sind sie irgendwie immer noch in ihren 150 Jahre alten Weggefährten. Vielleicht haben sie auch deshalb ihren neuen Bauplatz so ausgesucht, dass sie das Fachwerkhaus noch sehen können.

Artikel vom 29.09.2005