26.09.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Aussprache bewirkt Trotzreaktion

Trotz verworfenen Siebenmeters feiert Spenge das 23:23 als Punktgewinn

Von Lars Krückemeyer
Spenge (HK). Trotz des von Thorsten Bergmann in letzter Minute verworfenen Siebenmeters war die Bewertung des überraschenden 23:23-Unentschiedens beim haushohen Favoriten Ahlener SG eindeutig. »Ich bin unheimlich glücklich über den Punktgewinn«, freute sich etwa der sportliche Leiter des Handball-Zweitligisten TuS Spenge, Horst Brinkmann, über den ersten Punkt der Saison.

Auch Trainer Walter Schubert wollte dem möglichen Sieg nicht hinterhertrauern, suchte die Schuld sogar eher bei sich selbst: »Ich hätte wohl Rüdiger Traub diesen Siebenmeter werfen lassen sollen, denn den vorherige Siebenmeter hatte Thorsten Bergmann nur mit Hilfe der Latte verwandelte. Trotzdem hat auch Thorsten, gerade als vorgezogener Spieler in der Abwehr, eine starke Leistung abgeliefert. Ich hatte in den letzten 15 Minuten Angst, dass die Kraft nicht reicht, aber wir sind nicht einmal in Rückstand geraten. Hut ab vor der Mannschaft!«
Die Spenger Rumpftruppe hatte den als Meisterschaftsfavorit gehandelten Gastgeber mit seiner offensiven 3:2:1-Abwehr von der ersten Minute entnervt und im Angriff eine äußerst disziplinierte Vorstellung geboten. Und dass, obwohl Frank Steinicke und An-dreas Bock schon früh mit jeweils zwei Zeitstrafen belastet waren.
Möglicherweise war gerade das kein Nachteil, denn Bock (für ihn spielte fortan Marco Steffen in der Abwehr) konnte seine Kraft für den Angriff aufsparen und rackerte unermüdlich am Kreis. »Wir haben voll daran geglaubt, hier zu überraschen. Jeder hat 110 Prozent gegeben, wir wollten eine Trotzreaktion nach dem Bernburg-Spiel zeigen«, sagte Stephan Wilmsen, der als Dessin-Ersatz vorne wie hinten eine überragende Partie bot.
Das ohne die verletzten Stefan Dessin, Michael Scholz und Leif Anton nicht zu erwartende Unentschieden hatte seine Vorgeschichte. Nach der schwachen Schlussviertelstunde im Heimspiel gegen Bernburg (22:23-Niederlage nach 16:11-Führung) wurde in einem Gespräch mit der Mannschaft von Schubert und Brinkmann Klartext geredet. »Wir haben das Video vom Bernburg-Spiel vorgeführt, da hat jeder seine Schwächen deutlich gesehen. Wir verlangen von einigen Spielern, dass sie nicht nur fünf, sondern mindestens 45 Minuten stark spielen. Dann können sie auch mal Fehler machen. Jetzt hoffe ich im Heimspiel gegen Stralsund auf eine weitere Trotzreaktion und, dass die Spenger Zuschauer diese Leistung auch honorieren. Gegen Bernburg hatten wir mit 450 Zuschauern einen ganz schwachen Besuch, da habe ich mich schon gefragt, ob Zweitliga-Handball in Spenge überhaupt gewünscht wird«, so Brinkmann.
Ahlens Trainer Holger Kaiser hatte sich das Derby sicherlich ganz anders vorgestellt und fand bei der in Ahlen gewohnt chaotischen »Pressekonferenz« harte Worte: »Bei uns war keine Bewegung und keine Leidenschaft im Spiel, Spenge hat verdient den Punkt geholt, weil sie super dagegen gehalten haben. Wir sind noch nicht in der Lage, dem Druck aus dem Umfeld stand zu halten.«
Über 60 Minuten genügte bei der ASG nur Linkshänder Jürgen Weber den Ansprüchen eines Aufstiegskandidaten. Die hoch gelobten Tobias Skerka und Benny Lindt wirkten phasenweise wie Fremdkörper, selbst der Bundesliga erfahrene Sascha Bertow warf einen Siebenmeter vorbei und Torwart Jan Stochl fiel allein durch den abgewehrten Siebenmeter in letzter Minute auf. Auch die 45 Minuten praktizierte 6:0-Abwehr, die Jan Rüter zu sieben Toren förmlich einlud, war wahrlich keine taktische Meisterleistung von Holger Kaiser.

Artikel vom 26.09.2005