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Ein neues Zuhause
für »Praxis-Kater«

Tierärzte retten Tier nach schwerem Unfall

Schloß Holte-Stukenbrock (WB). Ein elendes Häufchen Fell - mehr tot als lebendig, aus Mund und Nase blutend. So brachte die Polizei den zierlichen schwarz-weißen Kater am 27. August in die Tierärztliche Praxis Dr. Nieder. Er ist Opfer eines Verkehrsunfalls und wurde achtlos am Straßenrand liegen gelassen.

Knapp einen Monat später: Maunzend streicht der hübsche Kater der Tierärztin Dr. Marianne Nieder um die Beine, bettelt um Streicheleinheiten und bekommt sie auch. Nur das spärliche Fell am linken Hinterlauf, das für seine große Operation abrasiert werden musste, erinnert daran, dass sein Katzenleben am seidenen Faden hing. »Aber das wird wieder nachwachsen«, sagt Dr. Nieder. Jetzt sucht die Ärztin ein Zuhause für den Findling, der zum Liebling des Praxisteams geworden ist - »schweren Herzens«, denn alle lieben den Schmusetiger.
Die Geschichte des Findel-Patienten klingt nicht nur für Tierfreunde unfassbar: »Als der kleine Kater im Notdienst zu uns gebracht wurde, war er völlig unterkühlt, zu schwach, um auch nur den Kopf zu heben«, erinnert sich Dr. Nieder. »Er muss wohl von einem Auto erfasst worden sein, beim Überqueren der Straße. Und dann hat man ihn schwer verletzt seinem Schicksal überlassen. Wie lange der kleine Kerl da gelegen hat, weiß niemand.«
Schon nach der ersten Untersuchung stand fest: der linke hintere Oberschenkel ist gebrochen, eine komplizierte und schmerzhafte Fraktur. Doch der Findel-Patient war viel zu schwach. »In diesem Zustand hätte er die Operation und die Narkose nicht überlebt.« Auf der Station päppelten die Ärztinnen den Kater auf, gaben ihm Infusionen und Medikamente. Vier Tage schwebte das Tier zwischen Leben und Tod, dann war es stabil genug. »Wir konnten die Operation wagen.«
Drei Stunden dauerte der Eingriff: die Tierärztin aus Schloß Holte und ihre Kollegin Dr. Claudia Tilmann behandelten die komplizierte Fraktur des Oberschen-kels, stabilisierten den Knochen mit Nägeln und fixierten die Bruchstelle mit Draht.
»Schon am nächsten Tag stand der kleine Kerl auf allen vier Pfoten«, erinnert sich Marianne Nieder - »zwar noch etwas wacklig, aber er gebrauchte das verletzte Bein«.
Seitdem lebt der Kater als »Praxiskatze« bei Dr. Nieder und ihren Kolleginnen. Aber so sehr die Ärztinnen und Arzthelferinnen den kleinen Kerl ins Herz ge-schlossen haben - er kann nicht bleiben. »Das ist auf Dauer kein Leben für eine Katze, die Freigang gewöhnt war«, sind sich alle einig.
Der Patient auf vier Pfoten wird ein ganz normales Katzenleben führen können - und das soll er auch: rennen, klettern, toben und spielen. Dass er das kann, ver-dankt er dem Engagement des Ärzteteams aus der Schloß Holter Praxis und seinem Überlebenswillen.
Er ist längst gesund genug, um in ein neues katzengerechtes Zuhause zu ziehen, humpelt nicht einmal mehr. In einer zweiten OP will sie die Nägel aus dem Knochen entfernen, »aber das ist nur ein kleiner Eingriff«, sagt die Tierärztin, die den kleinen Kerl gerne zu sich nach Hause genommen hätte, »aber unser Dackel mag absolut keine Katzen«.
Bisher hatte der kleine Kater Glück im Unglück - ohne die Hilfe der Tierärzte würde er nicht mehr leben. Aber jetzt, wo er wieder ganz gesund ist, ist er vom Pech verfolgt: keiner will ihn haben. »Dabei ist er ein ausgesprochen lieber und anhänglicher Kater, völlig unkompliziert«, sagt Marianne Nieder. Er ist erst circa zwei Jahre alt, geimpft, entwurmt und kastriert, verträgt sich mit anderen Katzen, sogar mit Hunden, liebt Kinder sehr und ist auch für Katzen-Neulinge geeignet.
Wer den Kater aufnehmen möchte, kann sich in der Praxis Dr. Nieder, Tel. 92 18 70, bei Dr. Bianca Rieksneuwöhner melden.

Artikel vom 24.09.2005