24.09.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Das Wort zum Sonntag

Von Waldemar Schneider


Was ist bloß mit unserer Welt los? Ein Hurrikan jagt den anderen. Haben die Menschen in New Orleans das verdient? Die weltweite Terrorwelle reißt nicht ab. An die hungernden Menschen in der Dritten Welt haben wir uns schon fast gewöhnt. Die Menschen sind verunsichert und suchen nach Erklärungen. Den schwarzen Peter schieben wir uns gegenseitig in die Schuhe. Es sind immer die anderen schuld: »Politiker haben nicht rechtzeitig die Weichen gestellt, die Wirtschaftsbosse wirtschaften in die eigene Tasche und der Verwaltungsapparat ist so schwerfällig, dass die nötige Hilfe gar nicht oder viel zu spät bei den Bedürftigen ankommt.« Und am Ende ist Gott sowieso an allem Schuld.
Wo war Gott am 7. Juli? Ganz offensichtlich nicht in London? Warum schaute Gott tatenlos in Südeuropa bei der Dürrekatastrophe zu? Es wäre doch ein Kinderspiel für ihn Regen zu schicken. Und warum kommt Anderenorts so viel runter, dass ganze Gebiete überschwemmt werden und wieder Menschen sterben müssen? Gott, was haben wir falsch gemacht? Hast du noch alles im Griff? Kannst du uns das mal erklären?
Erst in den letzten Tagen habe ich in der Bibel das Buch Hosea gelesen. Darin beklagt Gott, dass die Menschen ihm untreu geworden sind. Sie haben ihm die »Ehe gebrochen« und sind »fremdgegangen«. Ausgerechnet die Priester, seine Vertreter auf Erden, verführten das Volk indem sie selbst die Gebote Gottes missachteten und die Menschen in ihrem gottlosen Handeln bestärkten. Und Gott sagte: »Ich werde die Menschen allein lassen, bis sie ihre Schuld einsehen und nach mir fragen. In ihrer Not werden sie meine Nähe suchen und sagen: Kommt, wir wollen zum Herrn umkehren! Er hat uns verletzt, also wird er uns auch heilen; er hat uns geschlagen, darum wird er uns auch unsere Wunden verbinden!« (Hosea 5,15f) Gott hatte sich wegen der Schuld der Menschen zurückgezogen und Chaos ist ausgebrochen. Die Natur spielte verrückt und die Menschen gingen aufeinander los.
Beim Lesen hatte ich immer wieder den Eindruck, dass Hosea über unsere Zeit schreibt. Wir haben Gott den Rücken gekehrt, wir haben ihn aus unseren Häusern und unserer Gesellschaft verbannt. Und Gott hat sich zurückgezogen. Nun müssen wir auf einer sehr schmerzlichen Weise feststellen, dass wir nicht alles im Griff haben.
Doch wo bleibt die Suche nach Gott? Ich vermisse den Aufschrei zu dem Allmächtigen. Ich sehe keine Bereitschaft zur Umkehr. Unsere Selbstgerechtigkeit stinkt doch schon lange zum Himmel. Natürlich fasse ich mich zuerst an die eigene Nase und frage mich: Haben wir, seine Priester auch heute noch den Mut von den Kanzeln unserer Kirchen über Sünde und Gericht zu predigen? Haben wir den Mut gegen den Strom zu schwimmen und Gott reden zu lassen auch wenn es völlig unpopulär sein sollte?
Doch was will Gott eigentlich von uns? Ich möchte ihn noch einmal zu Wort kommen lassen: »Ich habe versucht euch durch harte Worte zur Umkehr zu bewegen und was ich für richtig und gut halte, habe ich deutlich gesagt: Wenn jemand mich erkennen will, freut mich das mehr als jedes Brandopfer. Und wenn jemand mir treu ist, so ist mir das lieber als ein Schlachtopfer.« (Hosea 6,5f) Gott möchte nicht, dass wir für unsere Sünden büßen.
Liebe Mitbürger, Gottes Reden ist hart, aber unmissverständlich. Lasst uns gemeinsam vom Ross unserer Allmacht absteigen und uns auf die Suche nach ihm machen. Wir sind am Zug. Besuchen sie mal wieder einen Gottesdienst, entstauben sie anschließend ihre Bibel und lesen sie nach, wie Gott uns Menschen liebt, dass er einen Plan mit der Welt und mit jedem von uns hat. Belassen sie es nicht dabei Gott Vorwürfe zu machen, werden sie aktiv.
Waldemar Schneider

Artikel vom 24.09.2005