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Von Frank Spiegel

Höxteraner
Aspekte

Zarte Triebe der Hoffnung


Mit einem beeindruckenden Zeugnis der Solidarität und der Anteilnahme begann am Freitagabend der Huxori-Markt. Zwar drehten sich schon am Nachmittag einige Karussells, um 19 Uhr schien aber die Zeit stehen zu bleiben.
Darf man Huxori feiern, wenn nur wenige Tage zuvor eine der schlimmsten Ereignisse der jüngeren Geschichte Höxters über die Weserstadt hereingebrochen ist? Sicherlich darf man, man muss aber nicht. Huxori ist keine Pflichtveranstaltung, Huxori ist ein Angebot. Dieses kann jeder annehmen, der mag und dem danach ist. Und wem nicht danach ist -Êund das werden sehr viele Menschen sein -Êmuss auch nicht mitfeiern. Verurteilen kann man weder die einen noch die anderen. Zudem ist es auch immer die Frage, wie man feiert.
Die Entscheidung, das Fest stattfinden zu lassen, kann nur eine Kopfentscheidung der Werbegemeinschaft und der Stadt gewesen zu sein -Êund musste es in diesem Fall auch. Hätte hier das Herz regiert, wäre das Fest in diesem Jahr ausgefallen. Aber in diesem Fall stand die Existenz der Werbegemeinschaft auf dem Spiel. Die finanziellen Forderungen der Marktbeschicker und auswärtigen Bands hätten ihr das Genick gebrochen. So macht die Kaufmannschaft der Bevölkerung nun ein Angebot, bei dem ihr nicht wohl in ihrer Haut sein kann. Das zeigt sich auch an der Tatsache, dass einige Mitglieder der Werbegemeinschaft nicht in den Huxori-Trubel einstimmen und ihre Geschäfte geschlossen halten.
Das Zusammensein auf Huxori kann für diejenigen, die das Angebot annehmen, auch eine Chance sein, das Geschehene zu verarbeiten. Das Unglück wird ein beherrschendes Thema sein, Menschen reden darüber. Vielen wird das helfen.
Leider muss man sich darüber im Klaren sein, dass es auch zu unschönen Bildern kommen wird: Katastrophentouristen, die mit dem Bierglas in der Hand am Bauzaun stehen und die sich nicht im geringsten für die Schicksale der Menschen interessieren, die hier unschuldig den Tod fanden, die sich nicht darum scheren, dass durch die Wahnsinnstat eines Mannes Existenzen bedroht sind.
Aber auch wenn, wie Pfarrer Dieter Maletz gestern Abend sagte, Höxter die Illusion verloren hat, ein Ort zu sein, in dem die Welt noch in Ordnung gewesen zu sein schien, so treiben auf den Trümmern dieser Illusion doch zarte Triebe der Hoffnung, der Freundschaft und der echten Solidarität aus. Menschen finden zueinander, helfen einander -Êohne zu fragen, ohne wenn und aber. Auch Mitbewerber der gleichen Branche bieten Betroffenen ihre Hilfe an - einen besseren Beleg dafür, dass es diese Höxteraner sind, die das Leben und das Bild dieser Stadt prägen, gibt es kaum. Bierglashaltende Gaffer sollten sich eine Beispiel daran nehmen.

Artikel vom 24.09.2005