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Spekulation über Koalition

Nach der Wahl sind die Gütersloher so ratlos wie vor der Wahl

Von Christoph Handwerk
und Stephan Rechlin
Gütersloh (WB). Nur eines scheint auf politischer Ebene wirklich festzustehen: Der Ausgang der Bundestagswahl am vergangenen Sonntag stellt den Bürger weiterhin vor ungelöste Rätsel.

Welche Parteienkonstellation soll die neue Regierung bilden? Welche Politiker eignen sich am besten, den so häufig beschworenen wirtschaftlichen Aufschwung herbeizuführen? Und wer sorgt dafür, dass die maroden Strukturen des Renten- und Gesundheitssystems endlich zukunftsfähig gemacht werden? Wenn es im Rat der Stadt parlamentarische Probleme gibt, wendet man sich meist an die Stadtältesten. Einer von ihnen ist Dr. Jürgen Krämer (70). Der ehemalige CDU-Ratsherr bevorzugt die »Jamaika«-Koalition aus CDU, FDP und Grünen: »Doch die wird sicherlich erst möglich, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgelotet und verworfen worden sind. Irgendwie muss es ja weitergehen. Diese Konstellation verspricht noch am ehesten einen gewissen Reform-Fortschritt.« Einer großen Koalition gibt der Stadtälteste nur eine Chance, wenn beide Spitzenkandidaten, Schröder und Merkel, auf ihre Führungsambitionen verzichten würden. »Doch so weit sind sie noch nicht.«
Eine Bürger-Befragung ergibt ein breit gefächertes Meinungsbild. »Ich bin ganz klar für eine große Koalition aus CDU/CSU und SPD. Nur auf diesem Weg kann in Zukunft Stabilität in unserm Land garantiert werden, nur so können die notwendigen Reformen in Angriff genommen werden«, findet Rena Heitmann (20), Hotelfachfrau aus Gütersloh. Ähnlich äußert sich Peter Müller (37), Sparkassen-Betriebswirt: »Für mich steht fest, dass nur mit einer Großen Koalition geschlossene Politik betrieben werden kann. Dann können die öffentlichen Finanzen neu geregelt werden, schließlich verfügen CDU/CSU und SPD über eine stabile Mehrheit.« Ähnlich sieht es auch Kaufmann Andreas Horstkötter (33): »Der Auftrag des Wählers ist klar: Nur eine Große Koalition kommt für mich in Frage«
Doch auch eine mögliche »Ampel-Koalition« aus SPD, FDP und Grünen findet viele Befürworter. »Ich befürchte, dass eine Große Koalition Reformstau bedeutet. Daher bevorzuge ich die Ampel-Variante«, äußert sich Evaristo Barzi (21), Auszubildender. Auch der kaufmännische Angestellte Michael Feldmann (50) favorisiert diese Lösung: »Ich bin davon überzeugt, dass eine Ampel-Koalition auf Dauer die bessere Lösung für unser Land darstellt. Die Große Koalition würde einzig zum Stillstand führen.« Die Unentschlossenheit vieler Wähler spiegelt sich in der Aussage des Installateurs Frank Matuschewski (32) wieder: »Ich bin mir nicht sicher, welche Konstellation für Deutschland am besten wäre. Welche Verbesserungen bringt welche Kombination?«
Einzig in einem Punkt herrschte Einigkeit: Den Auftritt Gerhard Schröders direkt im Anschluss an die Wahl empfanden die Befragten als arrogant und selbstherrlich.

Artikel vom 20.09.2005