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Unions-Zweitstimmen halfen FDP

Anhänger von CDU und CSU wollten große Koalition verhindern

Berlin (dpa). Die Abneigung vieler Unionsanhänger gegen eine große Koalition hat nach Einschätzung der Forschungsgruppe Wahlen zum zweistelligen Stimmenanteil der FDP bei der Bundestagswahl geführt.
Nur 36 Prozent der Sympathisanten von CDU und CSU konnten sich in Befragungen mit einer Zusammenarbeit mit der SPD anfreunden, hieß es gestern Abend im ZDF. Viele hätten deshalb ihre Zweitstimme der FDP gegeben.
Bei den SPD-Anhängern hätten dagegen 52 Prozent eine große Koalition für eine mögliche Alternative zu Rot-Grün gehalten.
Nach Befragungen des Instituts Infratest Dimap im Auftrag der ARD haben sich viele, die bis zum Wahltag noch unentschlossen waren, noch in letzter Minute weg von der Union und hin zur FDP gewandt. So hätten CDU und CSU in dieser Wählergruppe nur 30 Prozent der Stimmen für sich sichern können, die FDP dagegen 13 Prozent und damit deutlich mehr als im Bundestrend. Laut Forschungsgruppe Wahlen haben insgesamt 41 Prozent der FDP-Anhänger angegeben, dass ihnen die CDU/CSU eigentlich besser gefällt als die FDP.
Bei ihrer Wahlentscheidung haben die meisten Wähler nach Einschätzung der Demoskopen vor allem auf die Partei-Programme geachtet. Diese seien für mehr als drei Viertel der Wahlberechtigten wichtiger gewesen, als die Person des jeweiligen Spitzenkandidaten, berichteten ARD und ZDF gestern noch vor Schließung der Wahllokale. Obwohl Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) deutlich mehr Sympathie beim Wahlvolk genieße, sei seine Herausforderin Angela Merkel (CDU) als glaubwürdiger bewertet worden.
Dass die Union nicht so erfolgreich war, wie noch vor Tagen erwartet, führt Infratest Dimap unter anderem auf unklare Signale in der Steuer- und der Arbeitsmarktpolitik zurück. So hätten viele Wähler Einschnitte in Arbeitnehmerrechte - etwa beim Kündigungsschutz - befürchtet.
Dass mit Merkel erstmals eine Frau und erstmals eine Ostdeutsche nach dem Kanzleramt strebt, war für die allermeisten Wähler kein entscheidender Faktor: Nur neun Prozent der Bürger hätten anders gewählt, wenn die Union mit einem West-Mann an der Spitze in den Wahlkampf gezogen wäre, berichtete die ARD aus Befragungen von Infratest Dimap.
Nach Angaben des ZDF sähen viele zwar lieber einen Mann im Kanzleramt. Letztlich machten sie ihre Wahlentscheidung davon aber nicht abhängig. So komme Schröder zwar besser an - jeder dritte Wähler schätze aber das Wahlteam von Merkel als kompetenter ein.

Artikel vom 19.09.2005