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Gewalt überschattet Wahl

2800 Bewerber wollen Sitz in Afghanistans Parlament

Kabul (dpa). Überschattet von Gewalt haben die Afghanen gestern erstmals seit fast vier Jahrzehnten wieder ein Parlament gewählt.

Der afghanische Präsident Hamid Karsai nannte die Wahl knapp vier Jahre nach dem Sturz der radikalislamischen Taliban und nach 23 Jahren Krieg und Bürgerkrieg einen »Wendepunkt«. »Wir machen Geschichte«, sagte er bei der Stimmabgabe in Kabul.
Sicherheitskräfte registrierten in mindestens neun von 32 Provinzen Angriffe oder Anschlagsversuche auf Soldaten, Polizisten, Kandidaten und Wahllokale. Die Wahlbehörde sprach trotzdem von einer »extrem gesunden Wahl«. Ergebnisse werden erst Mitte Oktober erwartet.
Bei einem Bombenanschlag auf die US-geführten Koalitionstruppen in der südafghanischen Provinz Kandahar wurden nach französischen Armeeangaben ein französischer Soldat getötet und ein weiterer schwer verwundet. Beim Einschlag einer Rakete auf einem UN-Gelände am Rande Kabuls wurde ein afghanischer UN-Mitarbeiter leicht verletzt. Die Taliban, die zum Wahlboykott aufgerufen hatten, übernahmen die Verantwortung dafür.
Mindestens vier Rebellen und zwei afghanische Polizisten kamen bei weiteren Kämpfen ums Leben. Die US-Streitkräfte teilten mit, Koalitionstruppen seien mehrfach beschossen worden.
Der Cheforganisator der Wahlbehörde, Peter Erben, nannte die Sicherheitslage bei der Wahl trotzdem »generell sehr gut«. Nur in 15 der 6300 Wahlzentren sei es zu Problemen gekommen. Die Wahlbeteiligung sei am Morgen verhalten gewesen, habe dann aber in ganz Afghanistan stark zugenommen.
Offizielle Wahlbeobachter wollten ihre Berichte erst in den kommenden Tagen vorlegen. Knapp 2800 Kandidaten bewarben sich um die 249 Parlamentssitze, von denen mehr als ein Viertel für Frauen reserviert sind.
Parteien waren nicht zur ersten Parlamentswahl seit 36 Jahren zugelassen. Alle Bewerber um einen Parlamentssitz traten als unabhängige Kandidaten an.

Artikel vom 19.09.2005