17.09.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Von Rüdiger Kache

Paderborner
Perspektiven

Wählen gehen: jetzt erst recht!


Einmal werden wir noch wach, heißa, dann ist. . . Man mag es kaum glauben, dass morgen schon die Schlacht geschlagen ist. Vorbei die langen Abende vorm Fernseher mit verzweifelt um die sekundengenau gleiche Redezeit jedes Gastes bemühten Moderatoren und wie entfesselt sprudelnden Kandidaten. Dazwischen wie ein Barometer die pingeligen Allwissenden der Meinungsforschungsinstitute, die jedes arrogante Grinsen eines Trittihn oder Fischer, jeden Strahlemann-Beitrag eines Kanzler Schröder, das Brillenbügel-Kauen von Stoiber und jeden Wortbeitrag von Herausforderin Merkel in Partikel sezierend auf dem Tablett servierten.
Ab Sonntagabend darf der Wähler wieder in die Rolle des passiven Zuschauers zurück fallen, denn gewählt ist gewählt. Ich hoffe zumindest, dass jeder Bürger im Kreis Paderborn sein demokratisch verbrieftes Wahlrecht in Anspruch nimmt. Auch wenn es immer noch schwer fällt, die Besten für die nächsten Jahre herauszupicken: Kneifen gilt nicht. Dabei blicken zumindest die Menschen im Kreis Paderborn auf ein Marathon-Wahljahr zurück mit soviel Prominenz wie nie zuvor. Niemals vorher gab es auch so viele Gelegenheiten, aber auch wirklich jeden Spitzenpolitiker jeder ernst zu nehmenden Partei in Land und Bund persönlich kennen zu lernen.
Vom Beginn des Landtagswahlkampfes im Frühjahr, der mit dem Machtwechsel in Düsseldorf unmittelbar in den Bundestagswahlkampf überging, kamen wir aus dem Händeschütteln mit Kanzler, Ministerpräsidenten, Ministern, Herausforderern und Steigbügelhaltern aller Couleur nicht mehr heraus. Alle gaben sich in Paderborn, um Paderborn und um Paderborn herum die Klinken in die Hand. Soll also niemand sagen, er hätte sich nicht aus erster Hand informieren können.
Für mehr als 13 Prozent der Bürger ist die Entscheidung schon jetzt in der Urne: So viele Briefwähler hat es bislang noch nie gegeben. Die dürften also den verzweifelten letzten Werbeversuchen der Parteien die kalte Schulter zeigen. Andere wissen ganz genau, wo sie am Sonntag ihre Kreuzchen machen. Wie uns die Demoskopen ins Ohr flüstern, sind 30 Prozent der Wähler allerdings noch so lange unentschlossen bis sie mit schweißnassen Händen den Bleistift ergreifen. Woran erinnert man sich dann in der Einsamkeit der Wahlkabine? An ein Lächeln von Angie oder die treuen Augen vom Gerd? Knackige Sachargumente sind es ganz sicher nicht mehr, die in den 20 Sekunden vom Entgegennehmen des Wahlzettels bis zum Ankreuzen den Ausschlag geben. Also: die noch verbliebene Zeit nutzen und klaren Kopf bewahren. Schließlich geht es um Deutschland. Und um Arbeit, Rente, Bildung, Wirtschaft. Die Zukunft eben.
Einer guten Tradition folgend hat das Westfälische Volksblatt mit der Freitagausgabe die Berichterstattung über den Wahlkampf und die Kandidaten beendet. Nach Wochen der Informationen und Stellungnahmen zu allen bundespolitischen Themen gibt's am Wahlwochenende wieder die traditionelle Verschnaufpause. In der Montagausgabe können Sie, liebe Leser, dann bis auf zwei Stellen hinterm Komma genau erfahren, wie die Bürger im Kreis Paderborn, in den Kommunen und den einzelnen Stadtteilen, gewählt haben. Und ganz sicher werden uns im WV diese Wahl und die daraus resultierenden Folgen und Maßnahmen noch über Monate beschäftigen.
Es lohnt sich also, ein paar Minuten die Gedanken zu sortieren und all das blumige Wahlkampfgerede in den Talk-Shows und an den Ständen im Straßenwahlkampf etwas zu verdrängen, um ganz für sich allein eine Entscheidung zu fällen und zu dieser auch zu stehen. Wer nämlich nicht zur Wahl geht, hilft immer nur den anderen.

Artikel vom 17.09.2005