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Beim Urteilsspruch verging
Angeklagtem das Grinsen

Versuchte räuberische Erpressung: 16 Monate Haft

Bünde/Herford (cl). Der 39-jährige türkische Angeklagte Orhan B. (Name geändert) fiel bei seinem Schöffengerichtsprozess durch provozierendes Grinsen unangenehm auf. Als er wegen versuchter gemeinschaftlicher räuberischer Erpressung zu 16 Monaten Gefängnis verurteilt wurde - Oberstaatsanwältin Christa Hundertmark hatte ein Jahr mit Bewährung beantragt - verging ihm das Grinsen.

Drei Mitarbeiter einer Bünder Baufirma waren nach einer Betriebsfeier im September 2004 in der Bordellbar »Villa Romantica« in Ahle gelandet. Nach einem polnischen Schimpfwort, das der türkische Barkeeper zwar nicht verstand, aber auf sich bezog, wurden sie handgreiflich an die frische Luft gesetzt. Höchstwahrscheinlich war Orhan B. auch schon an dieser Aktion maßgeblich beteiligt: Wegen letzter Zweifel wurde dieser Punkt aber im Hinblick auf den »glasklaren« Sachverhalt im zweiten Anklagepunkt eingestellt. Einer der Maurer hatte massive Verletzungen erlitten und war mit seinen Freunden geflohen, wobei er seine Schuhe, Schlüssel und Portmonnee mit allen Papieren einbüßte.
Am nächsten Abend versuchte zuerst sein Schwager arglos diese Artikel in und vor der Bar zu suchen, als dann der Maurer hinzustieß, wurden beide sehr unfreundlich von einem Rollkommando empfangen: Sie müssten bis übermorgen mindestens 2500 Euro »Wiedergutmachung« vorbeibringen, weil der »gute Name« des Etablissements durch den Polizeieinsatz am Vorabend Schaden genommen hätte. Man kenne ihre Adressen - der Hausbesitzer der Bar war zufälligerweise auch der Vermieter der Maurerfamilien - und werde sich bei Nichtzahlung an die Familien halten. Ausdrücklich wurden auch die Kinder erwähnt, die Schlimmes, möglicherweise auch den Tod, erleiden würden. Richtigerweise wandten die Maurer sich umgehend an die Polizei und bezahlten die geforderten Erpressungsgelder nicht.
Gegen Orhan B. läuft beim Herforder Amtsgericht noch ein weiteres Strafverfahren wegen Erpressung, der 28-jährige Barbetreiber und sein Barkeeper »verdienten« sich als Entlastungszeugen eigene Verfahren wegen Falschausssagen.

Artikel vom 15.09.2005