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Loblied auf Luhukay

Dotchev-Nachfolger erntet nur Komplimente

Von Peter Klute
Paderborn (WV). Der dritte Dreier in Folge und punktgleich mit Tabellenführer und Mitaufsteiger Eintracht Braunschweig auf Platz vier: Eigentlich hätte Jos Luhukay nach dem 1:0-Sieg in letzter Minute im Westfalen-Derby gegen LR Ahlen rundherum zufrieden sein müssen. Dennoch blickte er nach der Pressekonferenz etwas ungläubig drein.

»Gibt es denn hier keine Apfelschorle«, konfrontierte der Trainer des SC Paderborn 07 den Pressesprecher des Zweitligisten mit dem seiner Meinung nach mangelhaften Getränkeangebot. »Kommt sofort, für dich besorge ich alles«, entgegnete Matthias Hack und lieferte prompt.
Eine lapidare und zugleich amüsante Szene am Rande, die aber eins verdeutlicht: Diesem Mann wird jeder Wunsch erfüllt. Noch keine zehn Wochen im Amt, hat sich der Nachfolger von Pavel Dotchev auf der Paderborner Bank mit seinem Auftreten als Trainer und Mensch ein hohes Ansehen verschafft. »Das ist hauptsächlich ein Verdienst des Trainers, er vollbringt kleine Wunder«, wusste Wilfried Finke nach dem Last-Minute-Sieg gegen den Nachbarn am Sonntag sofort, wem der Hauptanteil an dem Traumstart gebührt. »Wenn ich sehe, welch überragende Rolle Stephan Maaß oder Thorsten Becker in der 2. Liga spielen, ist das für mich schon sehr erstaunlich«, fuhr der Präsident fort und spielte darauf an, dass dieses Duo in der Regionalliga zur Kategorie der Wackelkandidaten gezählt hatte.
16 Feldspieler setzte Luhukay in den ersten vier Punkt-Partien ein, gegen Ahlen ließ er die Anfangsformation zum ersten Mal unverändert. Ob Marc Gouiffe à Goufan für Daniel Stefulj oder Roel Brouwers anstelle von Dusko Djurisic - Luhukay macht vor großen Namen keinen Halt und bisher alles richtig. Dabei hielten sich die Alternativen aufgrund der Verletzungen von Guido Spork und Daniel Cartus sowie der erst seit vergangenen Freitag vorliegenden Spielberechtigung für Hüzeyfe Dogan arg in Grenzen.
Besonders auffällig ist die Flexibilität, mit der Luhukay gemeinsam mit dem Sportlichen Leiter Günther Rybarczyk den Kader ausgestattet hat. Die Aussage Rybarczyks (»Wir haben 20 Spieler für 50 Positionen«) kommt nicht von ungefähr. Da taucht Thorsten Becker in Cottbus im defensiven Mittelfeld auf, rückt gegen Ahlen nach der Roten Karte von Brouwers zurück in die Viererkette und meistert auch dort seine Aufgabe souverän. Auf den Flügeln wechseln Mehmet Dragusha und Marcel Ndjeng ständig von links nach rechts, als wäre es eins.
Das alles ist kein Zufall, sondern geplant, wie Markus Gellhaus versichert: »Jos Luhukay weiß ganz genau, was er tut, hat eine klare Linie und lässt sich durch Einflüsse von außen nicht irritieren.« Damit spielt der Co-Trainer auch auf die vergebliche Stürmersuche an. Selbst als das Ende der Wechselfrist (31. August) immer näher rückte, wurde Luhukay nicht hektisch.
Die sportliche Seite ist die eine, die menschliche die andere. Luhukay betont immer wieder, dass ein Spieler auch charakterlich passen müsse und da hat er bei allen zehn Neuzugängen augenscheinlich ins Schwarze getroffen. Das wurde besonders gegen Ahlen deutlich, als der SCP mehr als eine Stunde in Unterzahl spielte. »Da hat jeder in punkto Leidenschaft und Einsatzwille noch ein Stückchen draufgelegt«, stellte er fest. Gleiches gilt für eingewechselte Spieler, wie zuletzt Gouiffe à Goufan oder Benjamin Schüßler: »Sie haben sofort ihre Leistung aufgenommen.«
Der Holländer hat es geschafft, dass dieser SC Paderborn schon nach wenigen Wochen eine Einheit ist. Für seine Fachkenntnis und seine Art erntet er nur Komplimente. »Er ist absolut überzeugend und kommt bei der Mannschaft sehr gut an«, sagt beispielsweise Stürmer René Müller und auch Luhukays engster Mitarbeiter ist voll des Lobes. »Meine Entscheidung hier zu bleiben und von ihm zu lernen, war goldrichtig. Von Jos kann ich mir eine Menge abschauen. Der größte Unterschied zu anderen Trainerkollegen ist, dass er immer Herr der Lage ist und sich stets unter Kontrolle hat. Wie besonnen, aber gleichzeitig geradlinig er die Mannschaft führt, verdient allergrößten Respekt«, sagt Gellhaus.
Das Erfolgsmotto lautet: ruhiger Trainer und eine aggressive Mannschaft, die ihrem Chef voll vertraut. So gibt's auch keinen Grund zur Sorge, dass Luhukay in den nächsten drei Spielen in Rostock, gegen Greuther Fürth und in Dresden nicht einen passenden Ersatz für den gesperrten Brouwers (Strafmaß wurde gestern festgelegt) finden wird.
Für Mannschaft, Co-Trainer und Verein ist Luhukay ein »Glücksfall«, die Fans sind zurückhaltend und haben noch nicht ins Loblied eingestimmt. Sprechchöre für den Coach waren bisher Fehlanzeige, doch das kann nicht mehr lange dauern.

Artikel vom 13.09.2005