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Gegen Krankheit des Vergessens

»Leben mit Demenz - Alzheimergesellschaft Minden-Lübbecke« gegründet

Kreis Minden-Lübbecke (er). »Demenz geht uns alle an«, brachte es der stellvertretende Landrat Alfred Raschke bei der Gründungsfeier des Vereins »Leben mit Demenz - Alzheimergesellschaft des Kreises Minden-Lübbecke« auf den Punkt. Unterstrichen wurde seine Aussage nicht zuletzt dadurch, dass rund einhundert Gäste in die Paritätische Begegnungsstätte Küster Kümpers in Minden gekommen waren, um die Gründung zu würdigen.

»Der Verein entwickelt und fördert Hilfen für alle von fortschreitenden Demenzerkrankungen betroffenen Menschen. Dies schließt Angehörige und alle an der Versorgung beruflich oder als sonstige Helfer Beteiligten ein.« So steht es in der Satzung des neugegründeten Vereins.
Diese Hilfen sind dringend notwendig. Heidemarie Hawel, Vorstandsmitglied der Deutschen Alzheimergesellschaft, beschrieb es so: »Wer mit der Diagnose Alzheimer konfrontiert ist, braucht dringend Informationen, Erfahrungsaustausch und Entlastung.« Fast täglich erlebe sie in ihrer Alzheimer-Gruppe in Gera und am bundesweiten Alzheimer-Telefon, »wie schwer es ist, mit den zunehmenden Veränderungen des Partners, der Mutter, des Vaters zurechtzukommen.« Es freue sie besonders, dass es in Minden-Lübbecke gelungen sei, sowohl die Angehörigen als auch die Fachleute aus Medizin und Pflege einzubeziehen.
Die Vorsitzende des neu gegründeten Vereins, Harriet Heier, zeigte sich während der Gründungsveranstaltung beeindruckt von dem, »was in Minden-Lübbecke in relativ kurzer Zeit im Beratungs- und Entlastungsbereich aufgebaut werden konnte«. Nachholbedarf gebe es noch im medizinischen Sektor. Hier ginge es um die Vernetzung des Hilfesystems, um frühzeitige Diagnose und neue Behandlungskonzepte. Auf die Fahne geschrieben habe sich der Verein auch, die bereits existierenden Angebote an die Betroffenen heranzutragen. Als weitere Ziele nannte sie: mehr Verständnis in der Bevölkerung für die Demenzerkrankungen, gesundheits- und sozialpolitische Initiativen, bessere Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten, Vorträge und Fachtagungen sowie eine bessere Vernetzung aller Akteure.
Die Vereinsgründung hat eine Vorgeschichte. Es begann vor fünf Jahren mit dem ersten Pflegekurs für Angehörige, der eine Selbsthilfegruppe ins Leben rief. Im Februar 2004 fand sich auf Initiative des inzwischen gestarteten Landesmodellprojektes HilDe - Hilfen bei Demenz - (Paritätische Sozialdienste) ein kreisweiter Angehörigenrat zusammen. Interessierte Angehörige des Landesmodellprojektes Vergissmeinnicht (Diakonisches Werk Minden) kamen hinzu und die Runde wurde von Treffen zu Treffen größer.
Mit der Unterzeichnung des Gründungsprotokolls am 24. August konnte nun nach einer ersten Mitgliederversammlung der Vorstand der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Ihm gehören an: als Vorsitzende Harriet Heier (Neuropsychologin und Angehörige eines Demenzkranken), als stellvertretender Vorsitzender Prof. Dr. Udo Schneider (Chefarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Krankenhaus Lübbecke), als Schatzmeister Hartmut Emme von der Ahe (Leiter des HilDe-Projektes und Demenzfachberater), als Schriftführerin und Beisitzerin Andrea Engelage (Projektbeauftragte Vergissmeinnicht und Demenzfachberaterin). Weitere Beisitzer sind: Susanne Windhorst und Ursula Aschoff (beide Sprecherinnen des Angehörigenrates), Dr. Karola Lohmann (langjährig in der ev. Frauenhilfe des Kirchenkreises Minden tätig), Claus Lemcke (Geschäftsführer der Anna Luise Altendorf-Stiftung in Minden) und Dr. Alexander Hemmersbach (Chefarzt der Neurologie in der Rehaklinik der Johanniter Ordenshäuser). Der zukünftige Sitz des Vereins wird in der Anna Luise Altendorf-Stiftung sein.
Zwei Arbeitsausschüsse wurden bereits ins Leben gerufen. Einer widmet sich der Entlastung der Angehörigen, in dem z.B. ein Wegweiser Demenz für die Region erarbeitet werden soll. Der andere Ausschuss konzentriert sich auf die medizinische Versorgung.
Als eines der ersten »Produkte« der Gründungsmitglieder des Vereins nannte Hartmut Emme von der Ahe eine Checkliste für erste Kontaktbesuche in Pflege- und Altersheimen, die der Angehörigenrat erstellt hat.
Solidarität und Hilfe sind wichtig für die Betroffenen und pflegenden Familien, das belegt eine Zahl: Jedes Jahr erkranken 1 300 Menschen im Kreis an Alzheimer oder anderen Demenzkrankheiten. Medikamente und psychosoziale Hilfen können den Verlauf der Krankheit verzögern.
Kontakte und weitere Informationen bietet das Infotelefon Demenz für den Kreis Minden-Lübbecke unter Tel.: 0 18 04/45 33 00.

Artikel vom 10.09.2005