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Gedanken wandern frei

Die Ausstellung »Schalengeschichten« öffnet im Gerbereimuseum

Von Antje Kreft
Enger (EA). »Freiheit des Denkens ist die Essenz dieser Arbeit«, resümierte Michael Strauß, Leiter des Museums Bünde, im Anschluss an seine Interpretation der »Schalengeschichten« von Katharina Hagemann.

Die Ausstellung der Herforder Künstlerin Katharina Hagemann wurde gestern durch Wolfgang Aßbrock, Vorsitzender des Gerbereivereins und Landtagsabgeordneter, feierlich eröffnet. Bis zum 30. Oktober werden im Gerbereimuseum ganz unterschiedliche und doch sehr ähnliche Geschichten der Schale erzählt.
Der Holzboden der Galerie ist übersät mit Schalen aus Papier. Diese Schalen sind keine Funktionsschalen, die einen Inhalt aufnehmen, sondern sind ein Mittel der Kommunikation. Sie reagieren auf die Bewegung, die derjenige auslöst, der an ihnen vorbeigeht. Beim Gang durch dieses Meer von Schalen passiert etwas beim Betrachter, es bewegt sich etwas. »Durch die Möglichkeit des Hin- und Herwanderns zwischen den Schalen können auch die Gedanken frei wandern«, beschreibt Katharina Hagemann den Prozess. »Das ist Kommunikation zwischen Mensch, Schale und Künstlerin«, interpretiert Michael Strauß.
Die 36-jährige Künstlerin wohnt mit ihrem Mann und drei Kindern in Herford-Eickum. »Schalengeschichten« ist ihre erste eigene Ausstellung in der Region. Bekannt in Enger ist sie allerdings seit ihrer Beteiligung an der Kreiskunstausstellung »Positionen«, die 2004 im Gerbereimuseum gezeigt wurde. Katharina Hagemann wurde in Stade geboren und machte zunächst eine Ausbildung zur Keramikerin. Vor zwei Jahren beendete sie ihr Meisterschülerstudium an der Hochschule für Künste in Bremen.
Die Engeraner bindet sie eng in ihre Komposition ein. Vor drei Monaten hat sie sich bei einer Familie aus Enger »die Hände ausgeliehen«. 13 Mitglieder aus vier Generationen einer alteingesessenen engerschen Familie, darunter die Familien Ebmeier, Gößling, Künsebeck und Jahnke, haben ihre Hände - ganz individuell nach eigenem Empfinden - zu einer Schale geformt. Um die Hände herum hat Katharina Hagemann eine weiche Porzellanschicht gelegt. »Hände sind eine Urform der Schale, denn wir nutzen das Werkzeug der Handschale dann, wenn kein anderes Verfahren zur Verfügung steht. Das gebrannte Porzellan hält einen Augenblick für immer fest. Die Handplastiken sind ein Stück Zeitgeschichte«, erklärt die Künstlerin. Harald Wurm hat die Familienmitglieder, die ihre Hände zu Schalen formen, fotografiert.
Weitere Exponate der Ausstellung sind speziell für die Räumlichkeiten im Engeraner Gerbereimuseum angefertigte Lederbilder, auf denen Hautfragmente zu sehen sind. Eine Projektion von Harald Wurm zu diesen Lederabdrücken rundet die Darstellung ab. Darüber hinaus werden eine Geräusch-Schale aus Steinzeug aus dem Jahr 2003 und Halbkugeln, die sich an den Wänden wölben, gezeigt.
Den musikalischen Rahmen gab der Ausstellungseröffnung Margarita Kourtparasidou. Die Griechin überzeugte mit klaren Tönen am Marimbaphon.

Artikel vom 12.09.2005