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Nach tragischem Unfall:
Unimog-Fahrer verurteilt

Geldstrafe von 5 000 Euro wegen fahrlässiger Tötung

Werther/Halle (dh). Es war wohl der tragischste Unfall, der sich im vergangenen Jahr in Werther ereignet hat: Beim Zusammenstoß eines Pkw mit einem Unimog wurde am 5. September ein vierjähriger Junge tödlich verletzt. Gestern Vormittag wurde der Fall vor dem Amtsgericht Halle verhandelt.

Auf der Anklagebank saß der Fahrer des Unimog, ein 49-jähriger Landwirt aus Werther, der dem Audi damals auf der Jöllenbecker Straße die Vorfahrt genommen hatte. Wegen fahrlässiger Tötung in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung wurde er gestern von Richter Peeter Wilhelm Pöld zu einer Geldstrafe von 5 000 Euro (zusätzlich der Verfahrenskosten und der Kosten für die Nebenklage) verurteilt.
Rückblick: Es ist bereits dunkel, als der Landwirt nach der Getreideernte an jenem Sonntagabend vor einem Jahr mit einem 14 Meter langem Gespann aus Unimog und zwei Anhängern nach rechts in die Jöllenbecker Straße in Richtung Bielefeld einbiegen will. Die Ausfahrt liegt nur wenige Meter hinter einer Kurve. Als er vom Acker auf die Straße rollt, kommt der Audi der Bielefelder Familie aus Richtung Werther angefahren, es kommt zum Zusammenstoß.
Bei dem Unfall werden die schwangere Mutter (27) auf der Rückbank und der Junge im Kindersitz schwerst verletzt, der Vater auf dem Fahrersitz kommt mit dem Schrecken davon. Das Kind verstirbt noch in der selben Nacht. Die Mutter liegt mehrere Tage auf der Intensivstation, verbringt insgesamt drei Wochen im Krankenhaus und fünf weitere in der Reha.
Für das Gericht galt es nun zu klären, ob der Unimog-Fahrer fahrlässig gehandelt hat. Er habe noch überlegt, sich einweisen zu lassen, sagte der Landwirt gestern aus. Er habe den Gedanken dann verworfen, weil der Mähdrescher-Fahrer bereits vor ihm gefahren sei und er selbst nur zwei Jungen bei sich gehabt habe. Zwar habe das Feld auch eine Ausfahrt, die weiter von der Kurve entfernt liege, so der Landwirt. Doch dann hätte er mit seinem Gespann eine etwa 30 Zentimeter tiefe Pflugfurche durchqueren müssen.
Nach der Aussage mehrerer Zeugen und eines Kfz-Sachverständigen kam Richter Pöld zu dem Schluss, dass der Landwirt fahrlässig gehandelt hat. »Sie hätten die leeren Anhänger zurücklassen können und an der anderen Stelle auf die Straße einbiegen können«, erklärte er. Ein deutliches Mitverschulden des Autofahrers sehe er nicht, sagte Pöld. Die Berechnungen des Gutachters hatten ergeben, dass der 33-jährige Bielefelder höchstens 110 Stundekilometer gefahren ist. An dieser Stelle sind 100 erlaubt.
Während die Staatsanwaltschaft eine Geldstraße von 7 150 Euro forderte, sprach sich der Anwalt des Beschuldigten für Freispruch aus. Die Ausfahrt sei seitens des Straßenbaulastträgers genehmigt gewesen, argumentierte er. Direkt nach dem Unfall habe der Angeklagte alle zivilrechtlichen Schritte eingeleitet, um die Opfer zu entschädigen, weil er »sich der Tragik durchaus bewusst« sei.
Inzwischen ist die Ausfahrt des tragischen Unfalls mit einem Baumstamm gesperrt.

Artikel vom 08.09.2005