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Bürgerantrag setzt Staub an

Hannelore Wiedemann wartete viereinhalb Jahre auf Bescheid

Von Per Lütje (Text und Foto)
Bad Oeynhausen (WB). Dass die Mühlen der Bürokratie ab und zu langsam mahlen, ist bekannt. Aber so langsam, wie im Fall von Hannelore Wiedemann, ist es kaum zu glauben. Mehr als vier Jahre musste die Bad Oeynhausenerin auf die abschließende Bearbeitung ihrer schriftlichen Eingabe warten. »Das ist ein Schildbürgerstreich«, ärgert sich die 58-Jährige.

Am 11. Juli 2000 übergibt Hannelore Wiedemann dem Stadtrat eine Unterschriftenliste, in der sie und die Unterzeichner sich dafür einsetzen, die Flutmulde und die Weserwiesen als Freilaufflächen für Hunde zu deklarieren. »In anderen Städten gab es zu dieser Zeit so etwas schon längst«, argumentiert die Bad Oeynhausenerin, die selbst zwei Vierbeiner ihr Eigen nennt.
Im April 2001 unternimmt die Hundehalterin einen neuen Anlauf und formuliert eine schriftliche Eingabe. »Der damalige Bürgermeister Gerhard Paul, mit dem ich bereits zuvor über mein Anliegen gesprochen hatte, teilte mir in einem Schreiben vom 13. Februar 2002 mit, dass meine Eingabe den einzelnen Fraktionen zugegangen sei und in das laufende Verfahren über mögliche Freilaufflächen einbezogen würde. Ich solle Bescheid bekommen, sobald die verwaltungsseitige Bearbeitung abgeschlossen sei«, zitiert Hannelore Wiedemann sinngemäß aus dem Schreiben.
Nun hat sie den angekündigten Brief des Ordnungsamtes der Stadt Bad Oeynhausen erhalten - dreieinhalb Jahre nach der letzten Kontaktaufnahme in der Angelegenheit. »Darin schlug mir die Verwaltung einen Gesprächstermin vor, an dem auch Mitglieder des Hegerings teilnehmen sollten, um die Thematik noch einmal zu erörtern. Ich hatte zunächst zugestimmt, dann aber nach Rücksprache mit meinem Verband abgesagt«, sagt die 58-Jährige, die sich aktiv im Tierschutzverein Bad Oeynhausen engagiert.
Als Grund für ihr Umdenken nennt sie die geänderte Rechtslage. »Mittlerweile heißt es in der Rechtsprechung, dass es keine grundsätzliche Anleinpflicht mehr gibt. Insofern sehe ich meine Eingabe als überholt an.«
Doch damit ist die Sache für Hannelore Wiedemann noch nicht erledigt. Anfang dieser Woche flatterte ihr ein weiterer Brief des Ordnungsamtes ins Haus. Darin wird die 58-Jährige aufgefordert, ihre Eingabe schriftlich wieder zurückzunehmen, da sie ja scheinbar kein Interesse mehr daran habe, ihren Antrag aufrecht zu erhalten.
»Das hat dem Fass den Boden ausgeschlagen«, schimpft Wiedemann. Doch sie will der Behörde wie gewünscht ein Schreiben zukommen lassen - und zwar mit folgendem Wortlaut: »Über die Rücknahme meiner Eingabe erhalten Sie eine Mitteilung in dreieinhalb Jahren. Bis dahin verbleibe ich mit zeitlosen Grüßen, Hannelore Wiedemann.«
Seitens der Stadt Bad Oeynhausen bewertet man die Rechtslage ein wenig anders: »Das ist keine leichte Materie, weil es hierzu eine unterschiedliche Rechtsprechung gibt«, begründet Ordnungsamtsleiter Dieter Göcking die lange Bearbeitungszeit.
Auch sei die Aufforderung, die Eingabe schriftlich zurückzunehmen ein üblicher Verwaltungsvorgang bei einem Bürgerantrag. Gleichzeitig kündigte Göcking an, dass das Thema Freilaufflächen in absehbarer Zeit noch einmal die Politik beschäftigen werde.

Artikel vom 09.09.2005