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Die Kolumne Stadtgespräch erscheint mittwochs in dieser Zeitung.

Stadt
Gespräch

40 Jahre am »Katzentisch« (137. Folge):Parkplatz-Wibu und Sputnik


Wilhelm Theodor Buschmeyer war in fast 30 Jahren Nachkriegszeit eine Institution in Paderborn. Er hat vor 60 Jahren die erste Paderborner Fahrradwache ins Leben gerufen. An der Pelizaeusschule, wo die Stadtverwaltung untergebracht war. »Wilhelm vom Parkplatz« siedelte bald zum Rathausplatz und unterhielt später einen weiteren Parkplatz hinter Klingenthal, heute Königsplatz.
Geboren wurde Buschmeyer 1907 in der Königstraße. 1918 erlebte er beim Ziegenhüten einen Flugzeugabsturz in die Pader, nahm an »Straßenschlachten« Jugendlicher vom Neuhäuser Tor gegen den Ükern teil, spielte als »Schwatter« beim Sportverein 13, wurde bei Junfermann an der Druckmaschine »Windbraut« ausgebildet und ging bis zum Krieg auf Wanderschaft.
Als Wilhelm Buschmeyer 1977 seinen 70. Geburtstag feierte, war er ein »Stück Paderborn«: Imagepfleger, Werber, Auskunftgeber. Er hatte den Boxclub 70 ins Leben gerufen, war »Spaßmacher« bei den Königsträßer Schützen, leitete die Kinderbelustigung und Waisenkinderbetreuung und spielte den Nikolaus. Dem Ruhrbischof Hengsbach zeigte er den Weg zum Zahnarzt, Bundeskanzler Erhard schenkte ihm eine Zigarre, Kohl und Genscher gaben Autogramme. Elert Bode, der 1957 die Westfälischen Kammerspiele gründete, erhielt von Buschmeyer erste Stadtinformation.
Zum Paderborner Stadtbild zählte bis 1992 Josef Thomas Brinkschröder mit seinem Schlapphut und dem Fahrrad. »Brincasso« wie ihn alle nannten, war ein begnadeter Künstler. Er besorgte in den 50er Jahren die Innengestaltung des Rathauses. Von den Eingangstüren, über das Treppengeländer und die großen Fenster mit Darstellungen Karls des Großen, eines Bischofs (mit den Gesichtszügen von Lorenz Jaeger) und eines Paderborner Hanse-Kaufmanns (Joto-Ähnlichkeit) bis zum Erinnerungsrelief über dem Portal zum Ratssaal. Seinem Kunstschaffen, so Mentor Walter Bentlage aus Trier, wurde in Paderborn die öffentlich Anerkennung verwehrt, weil man mit dem Menschen Josef-Thomas Brinkschröder nicht zurechtkam. Erst zum 80. Geburtstag bekam der Künstler eine eigene Ausstellung in der Galerie des Stadthauses.
Am 22. November 1963 stürmte »Brincasso« nicht mehr ganz nüchtern ins Rathaus zu einem Empfang für Manceller Gäste. »Kennedy ist ermordet worden!«, rief er in die Runde. »Ein schlechter Scherz«» wurde abgewehrt. Aber dann folgte die Bestätigung, alle waren schockiert.
Wir nannten ihn »Sputnik«, und er war der erste Mitbürger, der uns in der Redaktion mit Themen für »Einer geht durch die Stadt«, eingeführt 1957, fütterte. Der alleinstehende vertriebene Rentner Ernst Benecke verdiente sich ein städtisches Zubrot als Aufpasser im Paderquellgebiet. Mit Dienstmütze und Armbinde verwies er Radfahrer auf die Straße, jagte Hunde vom Rasen und passte auf die Kleinen am Kinderspielplatz.
Als in der Rosenstraße erstmals Parkuhren aufgestellt wurden - die ersten waren 1935 in den USA in Betrieb - stellten wir »Sputnik« für ein »Foto aus dem Leben« neben den Parkometer. Dabei hatte er eine Flasche in der Hand. Das Bild war kaum veröffentlicht, da flatterte Benecke eine Aufforderung zur Beratung durch die »Suchtstelle« der Caritas ins möblierte Zimmer. Dankend sagte er Frau Feith telefonisch ab: »Ich trinke kaum.« Benecke, zuletzt Bewohner im Altenheim »Westphalenhof«, starb Ende der 60er Jahre. Nur vier Leute aus der Redaktion begleiteten seinen Leichnam zum Grab auf dem Westfriedhof.
Willi Meierotte, Riemeke-Friseur, nahm als Mitglied der Mittelstandsvereinigung an einer Studienfahrt der CDU-ler nach Paderborns britische Partnerstadt Bolton teil. Ein dortiger Kollege schenke Meierotte eine rutschfeste Gummimatte, die Rasier-Schnittfehler vermeiden sollte. Der Figaro brachte die »Weltneuheit« gut durch den Zoll. Zu seiner Überraschung stellte er später fest, dass die gleiche »Sicherheits-Matte« bei uns im SB das Stück für 20 Mark plus Mehrwertsteuer erhältlich war.Georg Vockel

Artikel vom 08.09.2005