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Ronja heitert die Patienten auf

Labrador erster Therapiehund in der Logopädie-Praxis von Kerstin Krause

Von Delia Hüsken
Espelkamp (WB). Ronja war nicht zum Schwanzwedeln aufgelegt, sondern döste schläfrig vor sich hin, als die ESPELKAMPER ZEITUNG die Hündin und Kerstin Krause in der Logopädie-Praxis im Atrium besuchte. Der Welpe benötigte seinen Schlaf. Schließlich ist Ronja noch jung und zudem nicht irgendein Hund, sondern etwas Besonderes: Ronja ist Therapiehund. Sie ist in der Ausbildung. »Ihre Prüfung kann Ronja frühestens in zwei Jahren ablegen, aber ihre Sache macht sie bis jetzt sehr gut«, berichtet Kerstin Krause und lobt die 15 Wochen alte braune Labradorhündin.

Die Sprachtherapeutin mit eigener Praxis am Bischof-Hermann-Kunst-Platz 6 holte Ronja, als sie acht Wochen alt war, zu sich nach Hause. Seitdem ist der Vierbeiner auch fester Bestandteil der Praxis. »Es hat einen großen Vorteil, Welpen von Anfang an mit in die Praxis zu nehmen, da sie sich so schnell an den Therapiealltag, die Patienten und insbesondere an die Kinder, die etwa 75 Prozent ihrer Kunden ausmachen, gewöhnen können«, erzählt Kerstin Krause.
Sie übernimmt auch Ronjas praktische Ausbildung. Gesondert gibt es Seminare und Fortbildungen für den Umgang mit dem Hund. Diese werden von der Delta Society, einer Organisation die sich auf die Ausbildung von Therapie-Tieren spezialisiert hat, ausgerichtet. In der Behandlung ermöglichen die Hunde oft den ersten Kontakt, den Einstieg. Besonders Kinder sind von Ronja begeistert. »Sie merken sofort, ob Ronja da ist oder nicht«, sagt Kerstin Krause. So ist Ronja oft Antrieb, nach einer schwierigen Therapiesequenz weiterzumachen. Die Kinder dürfen Ronja dann streicheln oder ihr ein »Leckerli« geben und sind danach motiviert, weiterzumachen.
Der Therapiehund hilft auch Menschen, die Schwierigkeiten im Sozialverhalten aufweisen. Dadurch, dass er wertefrei ist und keinen Menschen nach seinem Aussehen oder nach auffälligem Verhalten beurteilt, sondern auf jeden freudig zugeht, entwickeln die Betroffenen Selbstbewusstsein und lernen, ihr Sozialverhalten zu kontrollieren.
Kerstin Krause hat auch schon die Erfahrung gemacht, dass Kinder, die vor Hunden Angst haben, durch Ronja ihre Ängste verlieren. »Das«, so sagt sie, »ist noch ein zusätzlicher positiver Nebeneffekt.« Aber auch insgesamt ist Kerstin Krause mit ihrer Entscheidung, tiergestützte Therapie anzubieten, sehr zufrieden, da sie bis jetzt bei all ihren Patienten positive Erfahrungen gemacht hat.
In Deutschland ist dieses Konzept noch nicht sehr weit verbreitet, so dass - nach Aussage der Logopädin - Ronja im ganzen Kreis Minden-Lübbecke der einzige Therapiehund dieser Art. Besonders in niedergelassenen Praxen gebe es kaum solche Tiere.
Dabei kommen grundsätzlich Vierbeiner jeder Rasse für diese Ausbildung in Frage. Gewisse Rassen sind jedoch aufgrund ihrer Wesenszüge besonders geeignet. So etwa der Labrador, da er ein ausgeprägtes Sozialverhalten aufweist und auch von der Größe her ideal ist.
Weitere wichtige Wesensmerkmale sind Aggressionslosigkeit, Menschenbezogenheit sowie Geduld und Gelassenheit. Denn, so Kerstin Krause, nicht jedes Kind fasse Ronja mit Samthandschuhen an. Es dürfe sie dann nicht stören, wenn er mal gröber angefasst werde .
»Therapiehunde müssen daher auch über einen sehr guten Grundgehorsam verfügen und stark belastbar sein, da sie mit Situationen konfrontiert werden, die eine hohe Wesensfestigkeit voraussetzen. Der Hund muss im Laufe seiner Ausbildung lernen, umempfindlich auf akustische und optische Reize zu reagieren, da diese in Alltagssituationen ständig gegeben sind«, erzählt Kerstin Krause.
Eine der wichtigsten Eigenschaften, die ein solches Tier jedoch mitbringen sollte, ist die Kontaktfreudigkeit, denn schließlich ist es die Aufgabe des Therapiehundes, Kontakt zu schaffen. Nach diesem Kriterium hat Kerstin Krause auch Ronja ausgesucht, denn die ist absolut »keine ÝSchnarchnaseÜ, aber auch kein Stresshund«.

Artikel vom 08.09.2005