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Kolping bat zum wahlpolitischen Stelldichein

Die Paderborner Kandidaten der etablierten Parteien an der kurzen Leine gehalten

Paderborn (WV). »Unsere Zukunft und die unserer Kinder steht auf dem Spiel«. Diese Befürchtung von Bundespräsident Horst Köhler hing wie ein Damoklesschwert über der Wahlveranstaltung der Kolpingsfamilie Paderborn-Zentral. Das Haar riss nicht - auch wenn's teils als gewollt erschien.

Oberstudiendirektor a. D. Josef Wecker ist bei den Wahlveranstaltungen der Paderborner Kolpingsfamilie schon ein alter Hase. So hatte der Zuhörer eine ausgewogene Moderation erwarten dürfen. Chance vertan: Das spürte man im Laufe der Veranstaltung an Reaktionen der »unbeobachteten« Bundestagskandidaten im Podium. Der Außenstehende konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass nur das auf den Tisch sollte, was man auch wollte. Mit Zurechtweisungen wie »Das kennen wir schon alles, ich möchte ihre eigenen persönliche Rezepte hören«, wurde so mancher Redeansatz abgewürgt. Man mag sich täuschen, aber es soll ja auch noch Leute geben, die nicht unbedingt jede TV-Runde in häuslicher Stube verschlingen.
Die großen Themen waren trotzdem vorgegeben: Arbeitsmarkt, Sozialstaat und Familie. Und wie zu erwarten, sprachen hier die möglichen Koalitionäre wie aus einem Guss: CDU und FDP gegen SPD und Bündnisgrüne. Auf der einen Seite der CDU-Kandidat Gerhard Wächter (MdB) und in Vertretung von Heinz Heineke Karsten Grabenstroer (FDP), auf der anderen die SPD-Kandidatin Ute Berg (MdB) und Dr. Klaus Schröder von den Bündnisgrünen. In einem waren sich trotzdem alle einig: Der Staat kann keine Arbeitsplätze schaffen. Wir müssen die Solidarität mit den Schwachen gewährleisten. Der Schutz von Ehe und Familie steht schon im Grundgesetz . . . Da hätte es der langen einführenden Zitate der Hirtenbriefe der deutschen Bischöfe nicht bedurft. Auch wenn die Veranstaltung am Montagabend eine der Kolpingsfamilie war, und Kolping der Kirche naturgemäß nahe steht, wie Josef Wecker einleitend die Zitate erklärte. Nicht gerade förderlich für politische Meinungsvielfalt war es jedenfalls, dass die verlesenen bischöflichen Wahlbausteine teils länger dauerten, als den Kandidaten zu reden erlaubt war.
Eigentlich hätten die Kandidaten es einfach abhaken können, neue Wählerstimmen wurden an diesem Abend ohnehin nicht »eingefahren«. Im Publikum saßen nämlich fast nur Mitglieder der vier etablierten Parteien - und natürlich einige von Kolping.
Manfred Schraven

Artikel vom 07.09.2005