11.11.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Neue Formen der
Trauerbewältigung

Änderungen im Bestattungsrecht

Die Bestattungs- und Trauerkultur in Deutschland befindet sich im Umbruch. Vor allem in städtisch geprägten Regionen verlieren althergebrachte Rituale immer mehr an Bedeutung.

Immer mehr Menschen leben heute allein und entscheiden sich für eine anonyme Bestattung. So mancher möchte aber auch seine Nachfahren nicht mit der Grabpflege »belasten«, wählt darum die Anonymität, was umgekehrt die Trauerbewältigung der Angehörigen und Freunde erschwert. Wir verdrängen die Auseinandersetzung mit dem Tod, und wenn ein Todesfall dann in der Familie oder im Freundeskreis eintritt, werden Dinstleister mit den notwendigen Aufgaben betraut.
Ein würdevoller Abschied ist so schwierig. In der heutigen Zeit müssen Besinnung und Einkehr erst wieder neu gelernt werden. Besonders wichtig ist dabei ein realer Ort der Erinnerung, der besucht, aber auch wieder verlassen werden kann - ein Ort, wie ihn die Grabstätte auf dem Friedhof bietet.
In vielen Gegenden, wo die Religion an Bedeutung verloren hat, entstehen auf der Suche nach der Sinngebung neue Formen der Trauerbewältigung. Selbsthilfegruppen, Psychologenrunden und weltlich orientierte Trauerzentren bieten Gespräche an, das Ritual der Totenwache oder auch die Möglichkeit der individuellen Sarggestaltung. Neue Bestattungsformen, die der Persönlichkeit des Verstorbenen Rechnung tragen, gewinnen an Bedeutung. Es wächst das Bedürfnis, Trauerfeier und Begräbnis unabhängig von den Vorschriften oder Regeln zu gestalten und dabei alte Rituale wieder aufleben zu lassen.
Auch die Rituale anderer Kulturen sind möglich. Dieser Trend ist bei der Gestaltung des Grabes, des Grabsteins und bei der Wahl der Lieblingsblumen des Verstorbenen zu erkennen. In diesem Zusammenhang rückt auch der Symbolcharakter von Pflanzen wieder stärker in das Bewusstsein.
Unübersehbar ist zudem der Einfluss fremder Kulturen in Ballungsgebieten, in denen die Gesellschaft multikultureller ist. Zwar bevorzugen muslimische Mitbürger die Bestattung in ihrer ursprünglichen Heimat, aber die deutschen Friedhöfe setzen sich zunehmend mit den Besonderheiten ausländischer Begräbnisformen auseinander. In jüngster Zeit wurde diesen durch Änderungen im Bestattungsrecht Rechnung getragen.

Artikel vom 11.11.2005