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Zeitzeugen blicken
wehmütig zurück

Zum Ende des Jahres rücken die Abrissbagger an

Von Johannes Zoller
Gütersloh (WB). Die Eröffnungsrede von Bürgermeisterin Maria Unger zur Abschiedsgala auf dem Bartels-Gelände klang viel versprechend. Die Zukunftsplanung für das gesamte Areal solle auf jeden Fall dem demographischen Wandel und den Bedürfnissen der Menschen entsprechen.

Doch bevor zum Ende des Jahres die Abrissbagger anrollen, hatten die Bürger zwei Tage lang die Möglichkeit, mit Kunst, Konzert, Kabarett und Kino Abschied zu nehmen von der ehemals größten Gütersloher Seidenweberei. »Jetzt wird die Fläche endlich wieder zum Leben erweckt«, freute sich Maria Unger mit Blick auf die zukünftige Nutzung des Areals. Wohnungen, ein Altenpflegezentrum und ein SB-Markt sollen hier entstehen. Zum Glück werden einige alte Mauern wie Gebäude für die Nachwelt erhalten bleiben. Das für die Kulturveranstaltung gewählte Datum - am 2. September jährte sich der Todestag von Firmengründer Ferdinand Bartels zum 100. Mal - erinnerte ebenfalls an die wechselvolle Geschichte des Unternehmens.
Der Dank der Bürgermeisterin galt allen Förderern, den Fachbereichen in der Stadtverwaltung und den uneigennützig Tätigen, die durch Bereitstellung von Geldmitteln wie Arbeitsleistungen »Kultur bei Bartels« überhaupt erst ermöglicht haben. Namentlich erwähnt wurden die Architekten Hauer und Spooren und Andreas Kerkhoff vom Hotel Appelbaum.
Unter den zahlreichen Besuchern fanden sich auch so manche ehemalige Mitarbeiter und Angestellte, die vor vielen Jahren noch an den Webstühlen, in der Näherei, der Schnittwerkstatt oder aber in der Betriebskasse wie im Lohnbüro ihre Arbeit verrichtet hatten. »39 Jahre habe ich hier gearbeitet«, berichtete ein älterer Herr und fuhr fort: »Zunächst war ich Weber, dann Meister und zuletzt Obermeister. Die Entwicklung hat das so mit sich gebracht.« Hochs und Tiefs hat dieser 1921 Geborene erlebt. »Durch die Automatisierung wurde ein Weber mit zwei Helfern für die Betreuung von 60 Webstühlen verantwortlich gemacht.« Mit Wehmut erinnerte er sich an die »Glanzzeiten«. »Damals waren wir 600 Arbeiter in drei Schichten von 6 bis 14 Uhr, von 14 bis 22 Uhr und von 22 bis 6 Uhr. Seide, Kunstseide, Nylon, Perlon und andere Stoffe wie Textilien wurden von hier aus in die ganze Welt exportiert«, erinnerte sich der Zeitzeuge.

Artikel vom 05.09.2005