03.09.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Klinsmann ruft
den Kampf aus

Von nun an geht es um WM-Plätze

Bratislava (dpa). Mit jugendlichem Elan und einem nochmals forcierten Konkurrenzdruck will Jürgen Klinsmann die deutsche Fußball-Nationalmannschaft in Bratislava wieder auf WM-Kurs bringen.
Nach dem gescheiterten Senioren-Experiment gegen die Niederlande schickt der Bundestrainer beim WM-Test gegen die Slowakei am Samstag (20.00/ZDF) eine deutlich verjüngte Elf um die Publikumslieblinge Lukas Podolski (20) und Bastian Schweinsteiger (21) ins Rennen. Außerdem erklärte er mit dem ersten von nur noch sieben Länderspielen bis zur Benennung des WM-Kaders die rigorose Auslese für eröffnet: »Wir gehen jetzt in unsere eigene Endphase Richtung 2006. Der Kampf um die Plätze geht los.«
Von der Startelf, die sich vor gut zwei Wochen beim 2:2 in Rotterdam nur beim Resultat akzeptabel schlug, wird im Slovan-Stadion von Bratislava nicht einmal die Hälfte erneut von Anfang an auflaufen. Zu den Verbliebenen zählen Kapitän Michael Ballack und der erst 20-jährige Hannoveraner Per Mertesacker, den Klinsmann nun zum Abwehrchef ernannte: »Wenn sich ein Spieler derart heraushebt wie Per Mertesacker, dann ist er ein fester Bestandteil der Mannschaft. Er ist gesetzt.«
Auf den übrigen Positionen tobt der Konkurrenzkampf, allen voran zwischen Oliver Kahn und Jens Lehmann im Tor. Nachdem Leh-mann vehement in eigener Sache geworben hatte, machte der diesmal nicht im Aufgebot stehende Kahn aus der Heimat via »Bild«-Zeitung seiner Verärgerung Luft. »Es ist schon erstaunlich, wie respektlos er zum wiederholten Male mit dieser Konkurrenzsituation umgeht«, wetterte der 36-Jährige und klagte, der Rivale habe die Regeln des sportlichen Zweikampfes verletzt: »Die Spielregeln, die formuliert wurden, scheinen für ihn keine Geltung zu haben.«
Die sportliche Führung sieht indes den kindischen Dauerstreit der beiden Team-Senioren noch im Lot. »Aus jedem Satz, jeder Mücke versucht man, einen Elefanten zu machen«, sagte Klinsmann, der die von ihm seit Saisonbeginn verordnete Torwart-Trennung verteidigt: »Der Entschluss ist vollkommen richtig, es wird sich im Frühjahr auszahlen.«
Verzichten muss Klinsmann auf den Berliner Verteidiger Arne Friedrich, der wegen anhaltender Magen-Darm-Probleme am Freitag die Reise nach Bratislava gar nicht erst mitmachte, aber am Sonntag in Bremen wieder zum Team stoßen soll. Für ihn dürfte der Bremer Patrick Owomoyela den Zuschlag auf der rechten Abwehrseite erhalten, auf links steht der erst 19-jährige Mönchengladbacher Marcell Jansen vor seinem Länderspiel-Debüt. Sollte dazu auch noch der gleich junge Neuling Lukas Sinkiewicz vom 1. FC Köln die Viererkette komplettieren, wäre dies ein mutiges Wagnis von Klinsmann.
Daran glaubt zumindest Ballack nicht: »Ich denke, der Trainer versucht immer, die aktuell stärkste Mannschaft aufzustellen.« Die zahlreichen Experimente seien oft aus der Not geboren. »Es liegt oft an den großen Leistungsschwankungen der einzelnen Spieler, dass sich noch kein Gerüst gebildet hat«, sagte der Kapitän.

Artikel vom 03.09.2005