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Erinnerung an
den Krieg und ein
Symbol der Trauer

Letzter Teil der Denkmalserie

Von Richard Sautmann
Versmold (WB). »Krieg und Frieden« lautet das Motto am »Tag des offenen Denkmals« am Sonntag, 11. September. Auch in Versmold gibt es viele Zeugnisse für Krieg und Frieden über 200 Jahre hinweg. Stadtarchivar Dr. Richard Sautmann stellt in einer kleinen Serie sechs Monumente vor, die im Rahmen eines Spaziergangs gut zu erreichen sind - nicht nur am Tag des offenen Denkmals. Im letzten Teil der Serie: das Ehrenmal im Park am Rathaus.

Wie kaum eine Erfahrung der Geschichte spielt der Krieg im Bewusstsein derer, die im Frieden leben, eine Rolle. Über 200 Jahre hinweg befassten sich die Versmolder immer wieder mit der Frage, welches der rechte Weg sein könnte, um die Opfer des Krieges angemessen zu ehren und die Erfahrung des Krieges in Zeiten des Friedens zu erinnern. Entscheidender Faktor in der Denkmalsgestaltung selbst war immer die zeitgebundene Perspektive. Gedachte man des Krieges in Zeiten von Nationalismus und Militarismus noch mit stolzen Symbolen voll Glanz und Gloria, so wusste man spätestens nach 1945, dass der Krieg am Ende nur Not und Elend über die Völker bringt. Dementsprechend setzte in den 50er Jahren die verständliche Debatte darüber ein, auf welche Weise angemessenes Gedenken fortan möglich sein könnte. War die Siegessäule vor der Petrikirche wirklich noch geeignet, um etwa auch die vielen Opfern von Nationalsozialismus und Zweitem Weltkrieg zu würdigen?
Die Antwort konnte nur »Nein!« lauten, denn die Siegessäule ist letztlich der Kriegsverherrlichung geschuldet. Doch die vielen hundert Opfer, die die Versmolder im Zweiten Weltkrieg beklagen mussten, durften nicht spurlos aus dem Bewusstsein verschwinden. Kaum eine Familie war verschont geblieben, kein Haus, in dem nicht ein Menschenleben zu beklagen war. Und zudem war noch eines deutlich geworden: Dieser Krieg war anders als alle vorhergehenden. In gewisser Weise war das ganze Volk im Nationalsozialismus verstrickt und über Jahre von Gewaltherrschaft berührt. Dabei war die Zustimmung zum Nationalsozialismus in der Zeit außerordentlich groß gewesen - rund 70 Prozent der Versmolder hatten im März 1933 für die NSDAP gestimmt - und so konnte man nicht einfach stillschweigend über die Erfahrung von Totalitarismus und Krieg hinweggehen.
Im Mai 1960 beschloss die Stadtvertretung, einen Ideenwettbewerb »Gedächtnisstätte Versmold« ins Leben zu rufen. Sieger des Wettstreits wurde der mittlerweile verstorbene Bernhard Kleinhans, dessen eigentümlicher Entwurf innerhalb der Bürgerschaft zunächst durchaus auf Widerstand stieß. Indem Kleinhans eine Komposition von Kreuzen mit Gittern und Stacheldraht zusammenfügte, visualisierte er zweierlei, die Erinnerung an Krieg und Gewaltherrschaft auf der einen und das Element der Trauer im Zeichen christlicher Symbolik auf der anderen Seite. So darf sein Entwurf - der für die damalige Zeit übrigens mehr als vorbildlich war - bis heute ein hohes Maß an Gültigkeit für sich beanspruchen. Es ist daher auch kein Wunder, dass die zentralen Feierlichkeiten zum Volkstrauertag bis heute an diesem Denkmal stattfinden.

Artikel vom 10.09.2005