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Das Wort zum Sonntag

Von Pfarrdechant Andreas Kurte, Höxter


Nach der Zerstörung der Kathedrale von Coventry (England) am 14.und 15. November 1940 durch deutsche Bombenangriffe ließ der damalige Dompropst Richard Howard die Worte „Father forgive“ in die Chorwand der Ruine einmeißeln.
Diese Worte bestimmen das Versöhnungsgebet von Coventry. Es umschreibt Versöhnung als weltweite Aufgabe der Christenheit. Es wurde 1959 formuliert und wird seitdem an jedem Freitag um 12 Uhr unter freiem Himmel im Chorraum der alten Kathedrale in Coventry und in vielen Nagelkreuzzentren der Welt gebetet.
Vergebung -Versöhnung im Alltag ? In der Politik, im Wirtschaftsleben in meinem persönlichen Umfeld ? Wie schwer ist das ! Politiker, Manager dürfen nun mal keine Fehler machen, sonst müssen sie ihren Hut nehmen ! Und in unseren kleinen Lebensbereichen ist es oft nicht anders. Wer einen Fehler macht, der ist abgeschrieben, ein Neuanfang ist kaum oder nur schwer möglich. Fehler werden mir lange aufs Brot geschmiert. Ein gesellschaftliches Denken, das krank macht. Es setzt mich unter einen enormen Druck. Viele können diesem Druck heute nicht mehr standhalten und brechen zusammen oder werden krank. Wie heilsam ist da die Botschaft Jesu. Er wendet sich gerade den Randgruppen und Gescheiterten seiner Zeit zu. Er verkündet einen Gott, der die Möglichkeit zu einem neuen Anfang schenkt, der nicht abschreibt.
Father forgive - Vater vergib: Das Gleichnis vom verlorenen Sohn oder vom guten Vater sei hier exemplarisch genannt. Der Sohn will eigene Wege gehen und verschleudert das Erbe seines Vaters. Als er alles durchgebracht hat, besinnt er sich. »Ich will aufbrechen und zu meinem Vater gehen.« Dieses Wort ist die Mitte der Geschichte. Er wird mit offenen Armen von seinem Vater wieder aufgenommen. Und sie feiern ein Fest der Versöhnung. Gott ermöglicht einen Neuanfang, ein neues Leben.
Es gibt kein Leben ohne Brüche ohne Abwege oder Um-Wege. Die Zuwendung Gottes verwandelt meine Schuld und mein Versagen in neue Lebensmöglichkeiten. Das Leben des Christen muß nicht in einer Einbahnstraße verlaufen, Vergebung ermöglicht Wegkorrekturen, Umkehr und einen Neuanfang. Wir brauchen ihn, diesen Geist, der Neuanfänge ermöglicht: in der Kirche und in der Gesellschaft.
Auf unserem Weg in die neue Woche möge uns das folgende Segensgebet begleiten:
Der Herr segne uns.
Er heile unsere Wunden und schenke uns Kraft, uns zu verzeihen.
Er gebe uns zur rechten Zeit ein Zeichen,
wenn Hände sich zur Faust verschließen
und der Verständigung sich versagen wollen.
Er lasse uns neu Sein Erbarmen und Seine Liebe spüren.
Und das was an Narben zurückbleibt, möge unserem Glanz nicht schaden,
bis wir alle einmal auferstehen mit verklärten Wunden,
wie mit Ihm selbst geschehen an jenem Tag,
nach Seinem Wort der Liebe »Vater vergib ihnen.«
Das gewähre uns der Gott, der die Versöhnung liebt
und mehr noch Seinen Frieden.

Artikel vom 03.09.2005