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»Wichtig ist die Frage nach den MARTa-Folgekosten«, sagt Lothar Wienböker.

»Kaufhof muss
in die Planung«

Interview mit Lothar Wienböker

Herford (HK). Sie wollen weder das »Ampelmännchen« in einer Koalition mit Rot und Grün im Herforder Stadtrat sein, noch die Mehrheitsbeschaffer eines bürgerlichen Lagers mit CDU und Liste 2004. »Wir haben nur einen Koalitionspartner, nämlich die Bürger Herfords. Wir orientieren uns einzig und allein an den Sachfragen«, stellt Fraktionschef Lothar Wienböker klar. Mit drei Mitgliedern sind die Liberalen im 44-köpfigen Rat vertreten, spielen aufgrund der Mehrheitsverhältnisse aber des öfteren das Zünglein an der Waage. Über das Historische Museum, die Gestaltung des Linnenbauerplatzes sowie über MARTa sprach Lothar Wienböker mit dem Redaktionsleiter des HERFORDER KREISBLATTes, Ralf Meistes.

Herr Wienböker, der Unternehmer Dieter Ernstmeier hatte noch zu Lebzeiten eine Million Mark als Grundstock für ein Museum am Münster bereitgestellt. Die Auszahlung ist allerdings an den Standort gebunden. Nun stellt die FDP den geplanten Standort neben der Münsterkirche in Frage. Wollen Sie das Geld verschenken?

Lothar Wienböker: Darum geht es nicht. Wir unterstützen alle Bemühungen, die 1200-jährige Geschichte Herfords in einem würdigen Rahmen zu präsentieren. Die Standortfrage kann aber erst beantwortet werden, wenn nur ein Museumsneubau als wirtschaftlichste aller denkbaren Lösungen mehrheitsfähig ist. Sollte man sich für einen Neubau entscheiden, muss die Frage geklärt sein, ob der Münsterkirchplatz aus städtebaulicher und innenstadtfördernder Sicht sinnvoll ist. Zumindestens muss in diesem Zusammenhang auch die Frage erlaubt sein, ob nicht auch bereits bestehende Gebäude für ein Museum genutzt werden können. Wir begrüßen ausdrücklich die stadtgeschichtliche Ausstellung, die derzeit im Daniel-Pöppelmann-Haus gezeigt wird.

In der öffentlichen Diskussion ist zurzeit auch die Gestaltung des Linnenbauerplatzes. Sie fordern aber zunächst eine Diskussion über das ehemalige Kaufhof-Gebäude. Warum?

Lothar Wienböker: Wir müssen doch das Viertel im Gesamtzusammenhang sehen. Wir können doch nicht einen Platz gestalten, wenn gleichzeitig in unmittelbarer Nachbarschaft ein großes Gebäude steht, von dem wir nicht wissen, wie es zukünftig genutzt wird. Im Zusammenhang mit den Planungen Linnenbauerplatz begrüßen wir die breite Bürgerbeteiligung. Bürgermeister Wollbrink hat uns mitgeteilt, dass die Stadtverwaltung alsbald über den »Kaufhof« berichten wird. Warten wir diesen Bericht ab. Verschieben wir eine Entscheidung über die Planungen Linnenbauerplatz in die Dezembersitzung. Das wäre auch im Hinblick auf eine eventuelle Landesförderung vertretbar.

Sie fordern seit geraumer Zeit eine Endabrechnung für die Baumaßnahmen MARTa. Sind Ihnen inzwischen erste Zahlen zugegangen?

Lothar Wienböker: Wir gehen davon aus, dass die Verantwortlichen alsbald die Endabrechnung vorlegen. Wichtiger als die Frage, was MARTa denn nun wirklich gekostet hat, ist für uns jedoch die Frage nach den Folgekosten. Wir müssen alle dafür sorgen, dass MARTa in ein Gesamt-Wirtschaftsförderungskonzept und ein Stadt-Marketing integriert wird, ohne seine beginnende Leuchtturmfunktion zu verlieren. Es gilt der Satz: Auch die erste Geige wirkt nur in einem gut dirigierten Orchester. Hierzu benötigen wir auch die mitwirkende und vor allem finanzielle Unterstützung der Herforder Unternehmen.

Die Verwaltung erarbeitet derzeit ein Konzept, das die Strukturen der Stadt neu ordnen soll. Was halten Sie von den Vorschlägen, die jetzt präsentiert wurden?

Lothar Wienböker: Die FDP begrüßt den Vorschlag der CDU mit dem Zwei-Säulen-Modell, ohne diesen jedoch in allen Punkten zuzustimmen.
Die in diesem Konzept geforderte Konkurrenz möchten wir gerne als klare Aufgabentrennung von zwei Säulen unter einem Dach verstanden wissen. Eine Säule soll die klassischen Betriebe, unter anderem die Stadtwerke, umfassen. In der zweiten Säule sollten Liegenschaften, Kultur, Gebäudemanagement zusammengefasst werden. Stadtmarketing und Wirtschaftsförderung haben für uns einen besonderen Stellenwert, der in der neuen Struktur selbstständig dargestellt werden muss. Nicht nur die FDP beschäftigt neben der Organisation aber auch die Frage, welche Aufgaben muss die Stadt Herford in Zukunft überhaupt noch wahrnehmen? Herford ist keine kreisfreie Stadt mehr und im Kreishaus, das nur wenige 100 Meter entfernt ist, werden zum Teil gleichartige Aufgaben für andere Städte erfüllt, die sich diese Aufgaben nicht mehr leisten können oder wollen. Es ist zu kurz gesprungen, wenn wir nur im Bereich unserer Unternehmen eine Optimierung herbeiführen wollen, aber in der klassischen Verwaltung weiterhin die Grundsatzfragen nicht stellen: Welche Aufgaben müssen wir erfüllen und haben wir dafür überhaupt ausreichend Personal? Welche Aufgaben können außerhalb des Rathauses erfüllt werden und wie wollen wir die personellen und finanziellen Einsparungen verwenden?

Artikel vom 02.09.2005