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Trapattoni will
Klartext reden

Dolmetscher hilft dem Kult-Trainer

Stuttgart (dpa). »Was erlauben Struunz?« und »Flasche leer« sind längst Kult, doch ähnliche Kostbarkeiten wie aus Giovanni Trapattonis berühmter Münchner Wutrede vom März 1998 werden den deutschen Sprachschatz vorerst nicht bereichern. Der Trainer des VfB Stuttgart lässt sich bei öffentlichen Auftritten dolmetschen.
»Ich habe bemerkt, dass ich einige spezifische Themen in Deutsch nicht so gut ansprechen kann. Wenn ich ein Spiel analysiere oder über einen Spieler wie zuletzt Soldo spreche, wird das gleich alles als Wutrede interpretiert«, sagte Trapattoni. »Da wurde ich missverstanden. Das will ich nicht mehr.«
Nach dem holprigen Saisonstart mit nur zwei Punkten aus drei Bundesliga-Spielen sowie der Personaldiskussion um die zwischenzeitliche Degradierung von Mannschaftskapitän Zvonimir Soldo wirkt der 66-Jährige ernster als zu Beginn seiner Stuttgarter Zeit. Bei seiner Vorstellung im Juni waren seine ersten Worte »Guten Tag, ich schon wieder da. Ich habe noch nicht fertig« noch mit Lachen und Beifall begleitet worden.
In den ersten Wochen beim Bundesligisten radebrechte Trapattoni mit seinem unnachahmlichen Deutsch. Das hatte zwar stets Unterhaltungswert, ließ aber auch ratlose Beobachter mit Fragen zurück: »Wie hat er das gemeint, was will er uns sagen?« Das Sprachproblem, das ein Grund für seinen Rückzug als Trainer des FC Bayern München war, hat ihn wieder eingeholt. Dabei war Trapattoni vor seinem VfB-Engagement so optimistisch: »Mein Deutsch ist gut, und in Stuttgart gibt es keinen Thomas Strunz.«
Auf dem Trainingsplatz fällt Co-Trainer Andreas Brehme eine Schlüsselrolle zu. Er muss gelegentlich übersetzen, zumal Konditions- und Torwarttrainer ebenfalls aus Italien stammen. Ein Sprachproblem will der ehemalige Profi mit jahrelanger Erfahrung bei Inter Mailand aber nicht ausgemacht haben, im Gegenteil. »Der Giovanni spricht ein sehr, sehr gutes Deutsch. Ich kann das gar nicht mehr hören. Ich glaube, dass einige froh wären, die würden so ein Deutsch sprechen wie er«, sagte der Weltmeister von 1990.
Wenn Giovanni Trapattoni gestenreich auf einen Spieler einredet, dann wird einer der erfolgreichsten Vereinstrainer der Welt auch verstanden - Fußball ist eben eine universelle Sprache. »Deutsch kann er vielleicht nicht so hundertprozentig. Aber wenn es über Fußball und seine Leidenschaft geht, dann kann er sehr gut deutsch«, sagte Ludovic Magnin, als Schweizer multilingual.
Die unnachahmliche Sprache Trapattonis machte ihn in Deutschland erst richtig populär und wurde auch in Werbespots dankbar aufgegriffen. Auch das VfB-Marketing nutzt das Markenzeichen und plakatierte den »Maestro« auf 400 Quadratmetern an der belebten Bundesstraße 10. »Wolle Spaß? Fahre rechts!«, empfiehlt »Trap« dort und weist den Weg zum Daimlerstadion.

Artikel vom 31.08.2005