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Bahn kündigt Verträge fristlos

DRK und Archivgruppe sollen Bahnhof aus Sicherheitsgründen sofort räumen

Von Elke Bösch
Rahden (WB). Völlig unerwartet erhielten das DRK Rahden und die Archivgruppe der Eisenbahner am Montag Kündigungsschreiben. Der DB-Stations-Service beendete mit sofortiger Wirkung die Mietverträge im Bahnhofsgebäude und berief sich auf unzureichenden Brandschutz.

Die Eisenbahner unterhalten dort unter dem Dach ihr Archiv und das DRK im Erdgeschoss die Kleiderkammer. Schon gestern sollten diese Zimmer geräumt werden. Das DRK reagierte sofort: »Wir haben einen Rechtsanwalt eingeschaltet«, bestätigten gestern auf Anfrage Vorsitzender Hans-Dieter Gollub und Stellvertreter Hartmut Jork. »Wie allerdings die Zukunft der Kleiderkammer im Bahnhof aussieht, kann ich noch nicht absehen«, betonte Gollub. »Diese Einrichtung ist stark frequentiert und sollte auf jeden Fall erhalten bleiben. Ob das an diesem Standort möglich sein wird, ist fraglich«, bedauerte Gollub.
Zwar gehe er davon aus, dass der nächste Öffnungstag der Kleiderkammer, am 7. September, dort noch stattfinde, aber alles weitere sei ungewiss. »Die Bahn hat in dem Schreiben hilfsweise auch die termingerechte Kündigungsfrist gesetzt«, berichtet Gollub. »Die Menschen brauchen die Kleiderkammer, das zeigt die große Resonanz. Ich erwarte, dass wir jetzt vorsichtshalber nach anderen Räumen suchen, um das Angebot aufrechtzuerhalten.«
Frustration herrscht bei der Archivgruppe der Eisenbahner. »Es ist alles in der Schwebe. Von Mittwoch an dürfen wir uns in diesen Räumen eigentlich nicht mehr aufhalten, keine Zusammenkünfte, keine Besprechungen sind mehr erlaubt, nur noch auf eigene Gefahr«, sagte Wilfried Thielemann, der gestern Nachmittag mit Heinrich Hartmeier aus Rahden und Günter Mootz aus Uchte im Archiv beratschlagte. »Ich werde jetzt zuerst das Gespräch mit unserem Vorsitzenden Horst Kämper suchen, der zurzeit im Urlaub ist. Und dann müssen wir noch mit der DB AG verhandeln. Aber wie es aussieht, werden wir andere Räume suchen, um zuerst einmal die Exponate unterzustellen.« Auch der Wunsch nach einem geeigneten Gebäude für eine Ausstellung bestehe noch, doch dass dieser sich im Bahnhof erfüllen könne, daran glaube kaum einer.
Die Bahn sieht die Situation nüchtern. »Unsere Aufsichtsbehörde der Eisenbahnbundesbehörde hat die Räume inspiziert und dabei festgestellt, dass durch die Mieter erhebliche Brandlasten wie Holzregale und Bekleidung in das Gebäude verbracht wurden. Das ist Futter für ein Feuer«, sagte Bahnsprecher Torsten Nehring. »Gemessen am Zustand und dem Alter des Gebäudes wurde daher die Nutzung mit sofortiger Wirkung untersagt. Wir mussten einfach reagieren. Wenn die Bahn das Gebäude nach den Forderungen der Behörden bei den Brandschutzmaßnahmen instand setzt, dann wird das sehr, sehr, sehr teuer«, erklärt Nehring.
»Seit zehn Jahren befindet sich Bekleidung in diesen Räumen und der Bahn war dieses bekannt. Es ist sogar Gegenstand des Mietvertrages. Deshalb ist diese fristlose Kündigung völlig unverständlich«, wundert sich Hans-Dieter Gollub über das Verhalten der Bahn.
Die Eisenbahner sehen nur noch eine Chance, wenn schnell ein Investor gefunden wird. Der Rat der Stadt stimmte mehrheitlich gegen einen Ankauf des Bahnhofs. Die Bahn hatte das Objekt für 12 000 angeboten. Doch die von Gutachtern ermittelten Sanierungskosten beliefen sich auf 600 000 Euro. Ein kostenneutrales Nutzungskonzept wurde aus Sicht des Rates nicht vorgelegt. Deshalb nahm die Stadt vom Kauf Abstand. Die weiteren Mieter, Kettelei Schmidt und Taxi Urban, hatten keine Kündigung erhalten.

Artikel vom 31.08.2005