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Wo Messerhelden bibberten

Unter der alten Kirchhofmauer verbirgt sich ehemaliges Bürgergefängnis

Von Jürgen Köster
Brakel (WB). Messerhelden, Krakeeler und andere Bösewichte saßen direkt im Schatten der St. Michael-Pfarrkirche ihre Strafe ab. Die beiden Zugänge zum ehemaligen Brakeler Gefängnis werden in den nächsten Tagen etwas genauer unter die Lupe genommen.

Im Zuge der Untersuchungen zum Brakeler Keller-Kataster wird auch das Gewölbe unterhalb der Kirchmauer in der Nähe des Rudolphi-Gedenksteins erfasst. Es ist allerdings schon lange nicht mehr in seiner ursprünglichen Ausdehnung vorhanden. »1964 wurde die Mauer, die den Kirchplatz nach Süden hin zur oberen Königsstraße hin begrenzt, versetzt«, berichtet Barbara Eller, die als Hexe »Trineke Möhring« fachkundig durch die Brakeler Innenstadt führt. Die Arbeiten waren seinerzeit erforderlich geworden, weil der Verkehr nicht mehr flüssig durch die enge Straße geführt werden konnte und Fußgänger gefährdet waren. Die Stützmauer wurde um zwei Meter zurückversetzt. Beim Abbruch der jahrhunderte alten Stützmauer wurden zwei unterschiedlich große Kellergewölbe (3 Meter x 1,5 Meter und 2 Meter x 2,5 Meter) freigelegt.
Über den Nutzungszweck gingen die Meinungen damals auseinander. Einige Experten vertraten die Auffassung, es handele sich um Kellerräume einer ehemaligen Wohnsiedlung. In der »Geschichte der Stadt Brakel« von Ruprecht Ewald ist allerdings von einem Bürgergefängnis die Rede. Der vermauerte Eingang sei »noch heute« (1924/25) in der Umfassungsmauer sichtbar, heißt es bei Ewald. »Es sei ein ungesunder nasser Raum gewesen, in dem die Strafgefangenen meist erkrankten. Auch Frauen oder Mädchen, die ihren Liebsten nachts von der Rolandssäule losschnitten, mussten ins Bürgergefängnis«, weiß Barbara Eller weiter zu berichten.
Durch das Versetzen der Mauer seien die beiden Gewölbe vermutlich nur noch schmaler vorhanden, erklärt die Stadtführerin. Dennoch sei sicher überlegenswert, die Gewölbe mehr in das Blickfeld der Öffentlichkeit zu rücken, wünschen sich alle Stadtführer. Diese Auffassung habe bei den Bauarbeiten vor mehr als 40 Jahren auch der damalige Ortsheimatpfleger, Rektor Josef Micus, vertreten. Er hatte sich dafür eingesetzt, dass die beiden Gewölbebögen wieder symbolisch in die versetzte Mauer eingearbeitet wurden.
Die Fachleute, die an der Erstellung des Kellerkatasters arbeiten, werden sich vor Ort ein Bild machen und zusammen mit der Verwaltung über das weitere Vorgehen beraten.
»Diese Entwicklung ist ein gutes Beispiel dafür, wie wichtig alte Fotos und Dokumente für die Erforschung der Stadtgeschichte sein können«, betont Barbara Eller, die unter anderem Bilder von Maria Einhoff (geb. Vogt) erhalten hat. Sie bittet die Brakeler »den Fundus der Großeltern« nicht außer acht zu lassen: »Hier lässt sich bestimmt manche Begebenheit entdecken, die für die Geschichte der Stadt von Bedeutung sein kann.«

Artikel vom 30.08.2005