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Methode und Ergebnisse in der Kritik

Anerkannte Schadstoff-Prognose mit Unsicherheiten - neue Daten gewünscht


Warum verlässt man sich auf Berechnungen und Prognosen bei diesem sensiblen Thema, warum mischt man Messdaten aus Solling, Eggegebirge und dem Ravensberger Park in Bielefeld? Warum macht man stattdessen nicht ganz praktische Erhebungen zum Beispiel in Schloss Holte-Stukenbrock, wo doch mit A 33 und B 68 in relativer Nähe zueinander eine ähnliche Situation herrscht, wie sie demnächst auch in Steinhagen herrschen könnte. Fragen, die Bürgerallianz-Vorsitzende Jutta Ostermann-Lau am Samstag in puncto Schadstoffe und vor allem Feinstäube an die Planer und an Gutachterin Dipl.-Ing. Silke Drautz vom Karlsruher Büro Lohmeyer richtete.
Es war ein schwieriges Thema, das da am späten Samstagnachmittag nach dem Verhandlungsmarathon über den Lärm noch anstand. Stickstoffdioxid, Benzol und Russ, sie bewegen sich im grünen Bereich. Es sind die Feinstäube, gemessen im sogenannten PM 10-Wert, die nicht nur wegen ihrer Gefahren für die Gesundheit für Diskussionsstoff sorgen. Was die Autobahn-Gegner vor allem kritisieren, ist die Untersuchungsmethode. Zumal zum Beginn der Planoffenlegung im Frühjahr 2004, wie berichtet, bei 20 Häusern Grenzwertüberschreitungen festgestellt worden waren, die im Zuge einer weiteren Untersuchung dann aber ausgeschlossen werden konnten. Die Prognose der PM 10-Werte sei mit Unsicherheiten behaftet, diesbezügliche Aussagen besäßen nicht die gleiche Güte wie die für andere Schadstoffe, zitierte Verfahrensleiter Kronsbein aus dem Gutachten. Aber eine Alternative ist nicht vorhanden: »Grundsätzlich gibt es kein Verfahren, das als Standard anzuwenden ist«, sagte die Gutachterin. Sie hat ihre Prognose aufgrund des Programms Prokass erstellt - »das entspricht auch dem aktuellen Stand der Technik«, bestätigte Thomas Wacker vom Landesumweltamt. Doch gesetzlich anerkannt ist ein anderes, MLuS 02, Merkblatt für Luftschadstoffe 2002. »Das ist inzwischen überarbeitet und in seiner neuesten Version berücksichtigt worden«, machte Silke Drautz deutlich.
Die heutigen Grenzwerte sind das eine, die Kritiker stellen vor allem aber auch ihre Zukunftsfähigkeit in Frage. Denn im Jahr 2010 werden sie durch eine EU-Richtlinie verschärft: Gilt heute für PM 10 ein Jahresmittelwert von 40 Mykrogramm pro Kubikmeter Luft und ein Tagesmittelwert von 50 Mykrogramm, der 35-mal pro Jahr überschritten werden darf, so wird in fünf Jahren das Jahresmittel auf 20 Mykrogramm reduziert, der Tagesmittelwert bleibt dann zwar bei 50, darf aber nur noch siebenmal überschritten werden. Wie ist das einbezogen worden in die Prognose? fragten die Gegner. »Für uns sind die heutigen Grenzwerte maßgeblich. Über zukünftige können wir doch gar keine Aussagen machen, das wäre reine Spekulation«, sagte Silke Drautz.
»Einhaltung von Grenzwerten heißt nicht Unbedenklichkeit im medizinischen Bereich«, erklärte Wilfried Zimmermann von der Bürgerallianz. Er forderte, die Prognosen um eine Gesundheitsverträglichkeitsprüfung zu ergänzen.

Artikel vom 29.08.2005