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»Abwägen bedeutet nicht wegwägen«

Gemeinde und Autobahnkritiker unterstreichen Forderung nach optimiertem Lärmschutz

Von Annemarie Bluhm-Weinhold (Texte) und Sören Voss (Fotos)
Steinhagen (WB). 1500 Einwendungen hatte es aus Steinhagen und dem Bielefelder Südwesten gegen die A 33-Planung gegeben. Und die allermeisten hatten ein Thema: Lärm. Das ergibt sich schließlich schon fast zwangsläufig aus der Nähe der Autobahntrasse zu Ortskern und Wohngebieten. Damit viele Einwender auch dabei sein konnten, hatte Verfahrensleiter Jens Kronsbein diesen so wichtigen Punkt (wie auch das Thema Schadstoffe) auf den Samstag gelegt.

Letztlich war das Interesse nicht gerade überwältigend, aber immerhin rund 150 Zuhörinnen und Zuhörer saßen in den späten Vormittagsstunden in der Aula, bei rund 50 pendelte sich die Zahl am Nachmittag eines langen Verhandlungstages ein, der erst in den Abendstunden endete. Die Gegner waren gut vorbereitet, die Rednerliste des - übrigens sehr souveränen - Moderators Kronsbein umfangreich.
Es schlug am Samstag aber auch die große Stunde der Gemeinde: Die hat nämlich Schützenhilfe vom Kreis Gütersloh in ihrer Forderung nach Optimierung des Lärmschutzes bekommen. Gemeinsam mit dem Leiter der Kreis-Umweltabteilung, Wilhelm Gröver, und Schall-Experte Prof. Dr.-Ing. Klaus Beckenbauer verliehen Bürgermeister Klaus Besser und Rechtsanwalt Dr. Georg Hünnekens ihr erneut Nachdruck. In Sachen Lärmschutz lässt sich, so Wilhelm Gröver, durchaus noch einiges bewegen - und zwar innerhalb des gesetzlichen Rahmens, auf dessen Verbindlichkeit sich die Planungsbehörde ja immer wieder beruft. »Es gibt ja auch kein rechtliches Verbot, Grenzwerte zu unterschreiten«, hielt der Münsteraner Anwalt der Gemeinde den Bielefelder Planern entgegen.
»Wir vermissen das Bemühen des Landesbetriebes, diese gesetzlichen Möglichkeiten auch auszuschöpfen«, hält Klaus Besser den Lärmschutz gerade im Steinhagener Kernbereich für völlig unzureichend. Zudem werden Grenzwerte an Häusern an der Wolliner und Swinemünder Straße, am Feldweg, an der Garten-, der Kurzen und der Langen Straße, im Wohngebiet Diekmann, in der Niehaussiedlung, am Obersteinhagener Luchsweg und Wolfspfad und an der Bielefelder Silberstraße überschritten. Kreis und Schall-Experte kommen mit ihren Berechnungen nämlich mitunter zu anderen Ergebnissen als die Planungsbehörde. »Nicht im Raster der Isophonberechnung, aber in der Einzelberechnung zeigt sich die Grenzwertüberschreitung bei etlichen Häusern«, so Beckenbauer.
Ein Manko, dass durch die Erhöhung von Lärmschutzwänden kompensiert werden könnte, schlug er vor. Doch ausgerechnet im Bereich Queller Straße/Luisenstraße ist der Lärmschutz - sonst bei sieben Metern - nur auf drei und vier Meter Höhe. Die Planungsbehörde habe das Gebiet falsch eingestuft, keineswegs könne von Außenbereich die Rede sein: »Es gibt für das Gebiet zwar keinen Bebauungsplan, aber natürlich bestehende Bebauung und auch Bauvorhaben. Damit liegt hier ein Wohngebiet vor, und damit gelten die strengeren Grenzwerte von 49 dBA nachts und 50 tagsüber«, forderte Besser die Erhöhung der Lärmschutzanlagen in diesem Bereich.
Chefplaner Ulrich Windhager sagte zu, alle Anregungen genauestens zu prüfen und sich gegebenenfalls in der Stellungnahme des Landesbetriebes ans Landesverkehrsministerium für zusätzliche Maßnahmen auszusprechen. »Abwägen bedeutet aber nicht Wegwägen«, appellierte Anwalt Hünnekens.
Und Autobahnkritiker Prof. Ekkehard Zöfgen erinnerte die Planer an eine gesellschaftliche Verpflichtung: »Wenn man eine Autobahn mitten durch eine Gemeinde baut, dann müssen andere Maßstäbe berücksichtigt werden als die gesetzlichen.« Sabine Wienströer (Verein zur Förderung der Umwelt und Lebensqualität) äußerte generelle Kritik: Die Lärmschutzmaßnahmen erfüllen ihrer Meinung nach nicht einmal die rechtlichen Anforderungen.

Artikel vom 29.08.2005