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»Neue Zuckermarktordnung sozial abfedern«

SPD-Europapolitiker Martin Schulz zu Besuch bei den Warburger Rübenanbauern

Von Carsten Reinhardt (Text und Foto)
Warburg (WB). Der SPD-Europapolitiker Martin Schulz lehnt die bislang von der EU-Kommission vorgelegten Pläne zur Neugestaltung der Zuckermarktordnung ab. Das sagte er gestern bei einem Besuch in der Warburger Zuckerfabrik.

Schulz, der Vorsitzender der sozialdemokratischen Fraktion im Europaparlament ist, stellte klar, dass die Neuordnung von der Welthandelsorganisation WHO vorgeschrieben sei und daher umgesetzt werden müsse. Dies dürfe jedoch nicht in Form eines ruinösen Verdrängungswettbewerbes geschehen. »Ein Hau-Ruck-Verfahren ist mit der Mehrheit des Europaparlaments nicht zu machen«, so Schulz vor dem Hintergrund, dass die Pläne den heimischen Rübenanbauern große Sorge bereiten.
Die Neuordnung könne nur mit einem langfristigen Übergangskonzept und einer gesicherten Finanzplanung ausgestaltet werden. Dieses werde einen Zeitraum von einem Jahrzehnt in Anspruch nehmen, glaubt Schulz. Der gesamte Prozess müsse geordnet und unter Beteiligung der Betroffenen ablaufen. »Unser Anliegen ist es dabei, die Neuordnung des Zuckermarktes sozial abzufedern«, unterstrich der EU-Spitzenpolitiker, »wir werden darauf achten, dass dies alles unter fairen Bedingungen geschieht, fair auch für unsere Bauern in NRW.«
Das bisher von der EU-Kommission vorgelegte Modell lehnt Schulz aus drei Gründen ab. Die Zuckerpreise seien in den letzten zehn bis 15 Jahren bereits deutlich gesunken, noch geringere Einkommen seien nicht zu vertreten. In einigen Ländern Südeuropas würde sich die Produktion bei einer rigiden Preisgestaltung gar nicht mehr lohnen, erklärte der SPD-Politiker, »doch das wird in diesen Staaten nicht durchzusetzen sein«. Das Argument schließlich, den europäischen Markt für Entwicklungsländer aus Asien oder Lateinamerika öffnen zu wollen, ziehe nicht. »Bei derart niedrigen Preisen kann dieses Ziel nicht erreicht werden«, betonte Schulz.
Der Europaabgeordnete wurde in Warburg von Werkleiter Christian Voß und Peter Fecke (Leiter der Rübenabteilung) begrüßt. Schulz wurde bei seinem Besuch unter anderem vom SPD-Bundestagskandidaten Johannes Reineke und dem Landtagsabgeordneten Jürgen Unruhe begleitet. Weitere Gesprächspartner bei dem Informationsaustausch waren Gunther Schütz, Vorsitzender des Zuckerrübenanbauer-Verbandes, und Wolfgang Nienerza, Betriebsrat der Zuckerfabrik. Nienerza sagte, er und seine Kollegen appellierten an die Poltiker, »das Schlimmste von uns abzuwenden«.
Verbandsvertreter Schütz erklärte, bei einer Umsetzung der zuletzt diskutierten Vorschläge gingen den Rübenanbaubetrieben im Einzugsgebiet Warburg mehr als 1000 Euro pro Hektar verloren. »Das wären jährlich insgesamt fast zwei Millionen Euro oder ein Drittel der ursprünglichen Wertschöpfung durch den Zuckerrübenanbau«, rechnete er vor. Das Warburger Werk wird von 1200 Anbauern mit einer Gesamtfläche von 6500 Hektar beliefert.

Artikel vom 25.08.2005