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Ehefrauen spenden Trost

Züchter vom »Tomatenclub Bonnevie« pflegen seltsame Rituale

Von Christian Bröder
Gütersloh-Avenwedde (WB). Alles Tomate - oder was? So lautet das Motto für den »Tomatenclub Bonnevie« aus Avenwedde, der in Europas größter Boulevardzeitung gestern als »seltsamster Kleingartenverein Deutschlands« für Furore sorgte.

Seit nunmehr 30 Jahren gibt es ihn, sechs Mitglieder hat er nur. Ihr Ziel: Wer züchtet jedes Jahr die dickste Tomate? Ermittelt wird das exakte Ergebnis per Briefwaage. Der bisherige Rekord lag bei knapp 400 Gramm. Diesmal - im Jubiläumsjahr - siegte Rentner Egon Johannhörster (68) mit stattlichen 211 Gramm. Er gewann damit zum dritten Mal in Folge. »Das ist der erste Hattrick der Vereinsgeschichte«, jubelt der Hobbylandwirt. Sein Geheimrezept? »Tüchtig düngen und mit den Pflanzen sprechen.«
Die Avenwedder kennen alle Tricks: Was hat das köstliche Nachtschattengewächs zu bieten? Wo kommt es her? Wie muss die Tomate gedüngt und gepflegt werden? Und vor allem: Wie bereitet man die scharlachroten Paradies-Früchte zu? Das wissen die »Tomatencluberer« aus dem Eff-Eff. Tricks holen sie sich im »Tomaten-Staat« Holland. Mitbegründer Hermann Wullengerd (52), übrigens aktueller Schützenkönig der St. Hubertus-Schützen Avenwedde-Friedrichsdorf, kaufte sich dort sogar ein Ferienhaus. »Zwecks länderübergreifender Studienreise«, schmunzelt er. Motto: Hauptsache dick, rund und rot.
»Verrückt« ist auch, wie viele Leute Mitglied werden wollen. 100 Anfragen sollen vorliegen, doch die Kriterien sind streng. Sogar ein »Tomatengericht« gibt es - bei »Schmu« sehen die Mitglieder rot. Wer chemische Wachstums-Beschleuniger benutzt oder auf Treibhaus-Haltung setzt, muss mit einer Strafe rechnen - ein Essen. Vorweg gibt es natürlich Tomatensuppe.
Der Jahresablauf stellt sich wie folgt dar: Mitte Mai trägt jedes Club-Mitglied fünf gesunde »Holländer Stauden« heim. Mitte August kommt es dann zur obligatorischen »Tomaten-Session«. Die Kleingärtner kommen zum Wiegen zusammen. Immer wieder kommt es dabei zu »dramatischen« Szenen. Reicht das Gewicht nicht zum »Sieg«, müssen die Ehefrauen Trost spenden. Spott erwartet den, der die kleinsten züchtet. In diesem Jahr traf es Siegfried Machenschall (60). Konsequenz: Ihn kostet die Mini-Zucht nun ein schmackhaftes Essen. Das gab es auch zum 30-jährigen Bestehen, das die heimischen Tomaten-Fans bei Hermann Wullengerd im Garten feierten. Eine schmackhafte Zutat des »Geburtstags-Schmauses« bedarf natürlich keinerlei Spekulation: Alles Tomate eben!

Artikel vom 24.08.2005