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Neue Form der Bestattung

Archäologen entdecken in Eulau einen »Grabgarten«

Von Thomas Schöne
Eulau (dpa). Eine einzigartige steinzeitliche Grabanlage haben Archäologen auf einem 4400 Jahre alten Gräberfeld in Eulau bei Naumburg in Sachsen-Anhalt freigelegt. »Das ist weltweit eine völlig neue Bestattungsform in der steinzeitlichen Epoche der Schnurkeramik«, sagte Archäologe Robert Ganslmeier und sprach von einem Grabgarten.
Ein Grabungshelfer legt vorsichtig ein Familiengrab aus der Steinzeit frei. Foto: dpa

Gefunden wurde ein System von vielen bis zu 80 Zentimeter tiefen Gräben. Außerdem entdeckten Archäologen auf dem Steinzeit-Friedhof in Eulau noch weitere Vierfach-Familiengräber. Erst vor wenigen Tagen war dort das erste schnurkeramische Vierfach-Steinzeitgrab mit Mann, Frau und zwei Kindern zum Vorschein gekommen. Die »Schnurkeramiker« verzierten ihre gesamten Gefäße mit dem Abdruck einer Schnur.
Der große Graben in Eulau ist 25 Meter lang und 16 Meter breit, darin eingebettet ist ein kleinerer acht mal sechs Meter großer Graben. »Innerhalb des kleineren Graben-Komplexes wurden zwei Männer, beide unter dreißig Jahre, bestattet. Innerhalb des größeren Grabens lag eine noch unbekannte Einzelbestattung«, sagte Ganslmeier.
Die Schnurkeramiker befolgten einen strengen Grabritus. Ihre Toten bestatteten sie stets mit angezogenen Beinen, auf der Seite hockend, wobei die weiblichen Personen immer mit dem Kopf nach Osten und die männlichen Toten immer mit dem Kopf nach Westen liegen. Die Blickrichtung aller Toten der Schnurkeramiker war stets gegen Süden. »Das deutet darauf hin, dass sie an ein Weiterleben nach dem Tod glaubten«, sagte Ganslmeier.
Insgesamt umfasst das steinzeitliche Gräberfeld in Eulau zwölf Gräber. »Dazu fanden wir 20 Abfallgruben mit schnurkeramischen Scherben sowie Knochen von Schafen, Ziegen und Schweinen sowie mehrere Pfostenlöcher von Häusern«, berichtete Ganslmeier und erklärte: »Für diese Schnurkeramiker, die ein Hirtenvolk waren, war dieser Platz an der Flussbiegung der Saale nicht nur Begräbnisstätte sondern auch ein kleiner Siedlungsplatz.« Ganslmeier gräbt seit drei Jahren in der Gegend um Eulau. Das Gräberfeld liegt nur zwei Kilometer vom steinzeitlichen Sonnenobservatorium in Goseck und etwa 23 Kilometer vom Fundort der 3600 Jahre alten Himmelsscheibe von Nebra entfernt.

Artikel vom 24.08.2005