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Voller Energie:
Eine Halde aus
Hackschnitzeln

WB-Serie »Heizen mit Holz«: 5. Teil

Von Klaus-Peter Schillig
(Text und Fotos)
Altkreis Halle (WB). Öl- und Gaspreise klettern in nie da gewesene Sphären - und ein Ende der Preisspirale ist nach Ansicht von Experten noch nicht in Sicht. Holz ist da für viele eine Alternative, um die eigenen vier Wände preisgünstig und umweltbewusst zu heizen. In der fünften Folge der WB-Serie »Heizen mit Holz« geht es heute um Holzhackschnitzel.

Hermann Künsemöller ist nicht der Typ, der sich ins Fäustchen lacht. Aber die Hände wird sich der Landwirt aus Künsebeck dennoch gerieben haben in den vergangenen Tagen. Da nämlich haben seine Berufskollegen öffentlich gestöhnt über die hohen Heizöl- und Dieselpreise. Die machen sich in der Landwirtschaft wegen des nassen Sommers doppelt bemerkbar. Denn das Getreide muss nach der Ernte aufwändig getrocknet werden, bevor es eingelagert oder weiter verarbeitet werden kann.
Während auf vielen Bauernhöfen dafür eine Diesel- oder Ölheizung angeworfen werden muss, kann Hermann Künsemöller mit eigenem Brennstoff heizen: Holz. Er betreibt gleich zwei Holzhackschnitzelheizungen, sorgt damit in Künsebeck, auf dem Familien-Hof und in den Nebengebäuden, für Wärme und Warmwasser. In Bokel haben die Künsemöllers einen zweiten Hof erworben, weil am Stammsitz durch Wohn- und Gewerbeneubauten zu viel Fläche verloren gegangen ist. Hier werden die Hackschnitzel in erster Linie zur Getreidetrocknung eingesetzt.
Biobauer Künsemöller nutzt nicht nur das Holz aus dem eigenen Wald, sondern auch den Heckenschnitt des Winterhalbjahres, um sich damit einen Energievorrat anzulegen. Dabei hilft einer, der auch Anlagenbetreiber beliefern kann, die keinen eigenen Wald besitzen: Hans-Dieter Mescher aus Brockhagen. Auf seinem Hof an der Abrookstraße sitzt nicht nur die Zentrale der heimischen Garden-Pulling-Wettbewerbe, sondern hier dreht sich fast alles um Brennholz.
Der 42-Jährige setzt inzwischen ganz auf den Brennstoff aus der Region - als Hersteller, Händler und Dienstleister. Mit seiner hochmodernen und mobilen Schredderanlage, die sogar Stämme bis nahezu 50 Zentimeter Durchmesser zerkleinern kann, hilft er nicht nur Landwirten wie Künsemöller oder Niedermeyer in Amshausen, den Brennstoff für ihre eigenen Hackschnitzel-Heizungen herzustellen, er hat sich bereits einen riesigen Vorrat für potentielle Neukunden angelegt. 1000 Kubikmeter lagern unter riesigen Planen gleich neben dem überdachten Bereich mit trocknendem Scheitholz. Teilweise frisch geschlagenes Holz (Eiche, Buchen oder Erlen), teilweise aber auch Altholz sind so zerkleinert, dass sie problemlos in einer automatisch beschickten Heizungsanlage (hydraulisch oder per Schnecke) eingesetzt werden könnten. Auch diese Anlagen kommen übrigens, wie Pellets-Heizungen, meist von süddeutschen oder österreichischen Herstellern.
Anders als bei Holzpellets (wir berichteten in den ersten Teilen dieser Serie) müssen Hackschnitzel-Heizungen allerdings größer dimensioniert sein, wenn sie rentabel und langlebig arbeiten sollen. »Ab 35 Kilowatt Leistung«, rät Experte Hans-Dieter Mescher. Für ein Einfamilienhaus wäre so eine Heizung zu groß, aber in einer Siedlung, so sieht er die Zukunft, könnten sich durchaus mehrere Nachbarn zusammenschließen und eine Anlage betreiben. Der Größe nach oben sind kaum Grenzen gesetzt, vielerorts werden bereits große Objekte wie Schulen oder Gewerbebetriebe mit Hackschnitzel-Heizungen betrieben - in Rietberg beispielsweise, in Gütersloh die Behinderten-Werkstatt sowie das Heizkraftwerk (ein Megawatt) für Theater und Stadthalle. Künftig sollen solche Anlagen auch als kleine Blockheizkraftwerke lieferbar sein, mit denen dann auch Strom erzeugt werden kann.
Der Brockhagener Landwirt wird dazu seine ganz eigenen Erfahrungen machen. Im September bekommt er selbst eine neue Heizung - für Holzhackschnitzel natürlich.

Artikel vom 24.08.2005