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Vogelgrippe jetzt im Visier

Kreisgesundheitsamt und Züchter nehmen den Virus sehr ernst

Von Carsten Reinhardt
Warburg/Kreis Höxter (WB). Wenn Mitte September die Zugvögel aus dem Osten erwartet werden, dürften sich bange Blick gen Himmel richten. Grund dafür ist die Vogelgrippe, jener Virus, der bereits diesseits des Urals in Russland angekommen ist. Das Kreisgesundheitsamt und Geflügelzüchter im Warburger Land bereiten jetzt Sicherheitsmaßnahmen vor.

Der so genannte »H5N1«-Virus ist eine für Geflügel und andere Vögel hochgradig ansteckende Erkrankung, die in Tierbeständen schnell epidemische Ausmaße annehmen kann. Einige besonders pathogene Erregerstämme können auch für Menschen gefährlich sein. Bundesverbraucherministerin Renate Künast hatte Ende voriger Woche einen Plan vorgelegt, der von Mitte September an ein Verbot der Freilandhaltung von Geflügel vorsieht. In den Niederlanden gilt ein solches Verbot bereit seit dem gestrigen Montag.
Die Tierärztin beim Kreis Höxter, Dr. Beate Schäfer-Aufenanger, erinnert in diesem Zusammenhang daran, dass alle Geflügelbestände beim Veterinärdienst des Kreises Höxter gemeldet werden müssen. Dazu gehören alle Hühner- und Putenhalter, aber auch die Halter von Enten, Gänsen, Fasanen, Rebhühnern, Wachteln oder Tauben. Dem Kreis müssen Angaben über den Standort, die Anzahl und Nutzungsart der Tiere vorliegen.
Keine Panik, erst einmal die Ruhe bewahren - so lautet momentan die Devise bei den heimischen Geflügelzüchtern. Die Legehennen, die jetzt bei ihm zur Brut im Stall sind, könnten diesen eigentlich in 14 Tagen wieder verlassen, berichtet Hermann-Josef Menne, »aber das können wir in diesem Jahr wohl nicht riskieren«. Sein Betrieb in der Warburger Altstadt (mehr als 2000 Legehennen) ist auf Eier aus der Freilandhaltung spezialisiert. Wenn die Anordnung kommt, dass die Hühner hinein müssen, dann kann Menne diese problemlos umsetzen: »Die Stallungen sind groß genug, dass meine Tiere auch darin artgerecht leben können.«
Auch die 90 Gänse des Hofes müssen dann in geschlossene Räume. Netze über ihr Gehege lassen sich nicht installieren, in einem Verschlag können die Gänse auch nicht gehalten werden. »Das ist nicht im Sinne der Tiere«, erklärt Menne, »aber die Sicherheit geht natürlich vor.«
Da sieht auch Jost Pietsch so. Der Direktvermarkter aus Dössel (etwa 3000 Legehennen, davon zehn Prozent in Auslaufhaltung) rechnet damit, dass die Schutzmaßnahmen Mitte September ergriffen werden. Seine Freilandhühner können dann Zuflucht in dem Verbindungsgelände zwischen der Wiese und dem Stall finden. »Dieser Bereich ist überdacht und mit Draht geschlossen, da dürfen sie sich aufhalten«, so Pietsch. In jedem Fall seien Vorsichtsmaßnahmen angesichts der Vogelgrippe »sehr, sehr wichtig.«
Eine weitere Sorge der Gesundheitsbehörden liegt unterdessen darin, dass der aggressive Vogelgrippevirus auf den Menschen übergreifen könnte. Experten schließen diese Möglichkeit nicht aus. »Es ist zu befürchten, dass sich nach einer Veränderung des Erregers die Tödlichkeit des Vogelgrippevirus auch von Mensch zu Mensch übertragen kann«, meint Dr. Ronald Woltering, Leiter des Kreisgesundheitsamtes.
Der Kreis Höxter wolle nicht darauf warten, bis Bund oder Land aktiv würden. Als »handgestrickt« bezeichnete Dr. Woltering den Plan für ein Vorgehen bei Vogelgrippe-Krankheitsfällen: »Die Strategie orientiert sich an Katastrophenschutz-Konzepten, die 2003 für befürchtete Pockenepidemien nach Terrorangriffen entwickelt und geübt wurden.«
Weil es noch keinen Impfstoff gegen Vogelgrippe bei Menschen gibt, empfiehlt Woltering, das Angebot der allgemeinen Grippeschutzimpfung zu nutzen. Sie werde ab Anfang Oktober jährlich mit neu entwickelten Seren durchgeführt. »Einen gewissen Mitschutzeffekt von etwa zehn bis 15 Prozent gegen Vogelgrippe hat diese Impfung allemal«, weiß der Mediziner.
Der Seuchenerreger wird von infizierten Tieren weitergegeben, kann aber auch durch Produkte wie Eier und Geflügelfleisch oder auch durch Kleider, Schuhe oder andere Gegenstände aus infizierten Gebieten übertragen werden. Personen, die asiatische Reiseländer besucht haben und dort direkte Tierkontakte hatten, sollten jetzt auf den Besuch von Geflügelbeständen oder Geflügelmärkten verzichten. »Reisende können ohne ihr Wissen und unbeabsichtigt den Erreger der Vogelgrippe einschleppen«, so Dr. Woltering.
Falls sich Fragen ergeben, ist der Veterinärdienst des Kreises Höxter erreichbar unter der Telefonnummer 05271/965 268 oder per Telefax unter 05271/965 273.

Artikel vom 23.08.2005