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. . . endlich die erste richtige Hausaufgabe

Erinnerungen an den 1. Schultag

Lübbecke (WB). Jetzt, wo überall die Straßenschilder »Brems dich - Schulkinder« aufgehängt werden, die Bäckereien Kuchen, liebevoll mit Straßenschildern verziert, für i-Männchen backen, denke ich an meinen ersten Schultag zurück. Auch wenn er nun schon 13 Jahre zurückliegt, kann ich mich noch genau an den 1. September 1992 erinnern . . .

Schon beim Frühstück konnte ich nicht mehr still sitzen: heute war schließlich mein großer Tag. Und die Schultüte versprach die eine oder andere Überraschung. Nachdem ich mein schönstes Kleid angezogen hatte und die ganze Familie bereit war, brachen wir zur Kirche auf. Vom Einschulungsgottesdienst bekam ich jedoch nicht so viel mit. Ich war mehr damit beschäftigt, meine Schultüte und meinen neuen Schultornister - und vor allem die ganzen anderen Kinder - zu beobachten.
Als wir in einzelne Klassen aufgeteilt wurden, wuchs die Neugier, wen ich schon alles vom Kindergarten kannte. Denn Freunde, und vor allem bekannte Gesichter, sind ganz wichtig in der Schule. Dann rief meine Klassenlehrerin Frau Klein meinen Namen auf. Meine große Schultüte fest umklammert, betrat ich meinen Klassenraum. Das am ersten Tag noch kein richtiger Unterricht stattfand, enttäuschte mich jedoch nicht - ich wurde von den vielen Kindern abgelenkt, die während ihrer Pause auf dem Schulhof tobten. So hatte ich mir die Schule immer vorgestellt!
Natürlich wollte ich etwas lernen und ich konnte es kaum abwarten, mit gerade mal sechs Jahren endlich ein großes Schulkind zu sein. Und ich sah meine große Schwester, die bereits in die 4. Klasse ging und für die die Schule schon Alltag war.
Dann stand die Klassenraumbesichtigung auf dem Plan. Anders als im Kindergarten sollte sich jedes Kind einen Platz aussuchen, auf dem es für die nächste Zeit sitzen und lernen sollte. Für mich war das kein Problem. Ich hatte schon meine Freundin entdeckt, mit der ich mich an einen schönen Tisch setzte. So viele Kinder mit bunten Tornistern und viel bunteren Schultüten, die prall bis oben hin gefüllt waren, zogen die meiste Aufmerksamkeit auf sich. Nachdem wir eine Weile im Klassenraum gesessen hatten, bekamen wir die erste Aufgabe, die zu Hause fertig gestellt werden sollte. Ich verstand sofort: die erste richtige Hausaufgabe. Die Zeit verging so schnell, dass wir plötzlich am Ende unseres ersten Schultages waren und alle Kinder nach Hause gehen konnten. Auf diesen Moment hatte ich schon den ganzen Tag gewartet. Denn die große, schwere - und natürlich selbstgebastelte - Schultüte hatte mich einige Male in Versuchung gebracht, zu fühlen, was denn im Inneren sein könnte.
Kaum war die Haustür geöffnet, versammelte sich die ganze Familie im Wohnzimmer. Natürlich wollte jeder sehen, wie ich ungeduldig die Schleife öffnete. Damals war es das Größte, all die Süßigkeiten, Büchlein oder Spielsachen auszupacken. Heute erwarten viele i-Männchen womöglich andere Geschenke in ihrer Schultüte.
Für mich persönlich waren es nicht nur die Geschenke, die diesen Tag zu etwas Besonderem machten, sondern das Gefühl, zu den Großen zu gehören, selbst Lesen und Rechnen zu können, also selbstständig zu werden. So blicke ich heute nach 13 Jahren Schule zurück und weiß, dass es nur einen Tag im Schulleben gegeben hat, an dem man so gern in die Schule gegangen ist wie am Einschulungstag . . .Carolin Eisfeld

Artikel vom 24.08.2005