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Mittelalter-Gesang zu neuem Leben erweckt

»Ars Choralis Coeln« beeindruckte in Dalheimer Kirche

Von Andrea Auffenberg
Dalheim (WV). Ihr Name ist Programm: das renommierte zehnköpfige Frauen-Spezialensemble »Ars Choralis Coeln« stellte jetzt unter der fachmännischen Leitung von Maria Jonas bedeutende Kompositionen Hildegard von Bingens beim »Dalheimer Sommer« vor.

Eine besondere Spannung bekam das Programm dadurch, dass die stilistisch konträren und meist einstimmigen altkirchlichen Gesänge gerade in der stilvollen Dalheimer Klosterkirche ihre lineare Wirkung erzielen konnten. Heute noch staunt die Nachwelt über das komplexe Musikwerk Hildegard von Bingens, einer großen Persönlichkeit des europäischen Mittelalters.
Einen besonderen Stellenwert in ihrem umfangreichen kompositorischen Schaffen nimmt die Sammlung »Symphonia« mit Liedern, Hymnen, Antiphonen, Sequenzen und Responsorien ein. In der Notation teils stark vom zeitüblichen Gregorianischen Choral abweichend, stellte die Einstudierung der Werke sicherlich eine große Herausforderung für die agilen Vokalistinnen dar.
Das hervorragende Ensemble fokussierte seine artifiziellen Gesänge auf einen überzeugenden Blickwinkel, verband es doch sinnliche Harmonien, ausholende Melismen und spirituelle Konzentration mit einer exzellenten Transparenz, wobei sich das Klangbild in Verbindung mit dem unaufdringlichen Kirchenhall zu einer ruhigen Eleganz verdichtete.
Dabei verdeutlichte die Zusammenstellung der kraftvollen Stücke - in den Eckpunkten »Vesper«, »Komplet« und »Ordo virtutum« - das Anliegen der Komponistin, den gesamten Kosmos als eine Harmonie auf großer Ebene zu erblicken. Die ausgeprägten Stimmen der Sängerinnen, welche sich zunächst zu beiden Seiten des zahlreich erschienenen Publikums formierten, erweckten die Antiphonen sowie auch das eindrucksvolle »Alleluja« und die »Ursula Sequenz« des Kölner Antiphonars prägnant zum Leben. Zeitweise unterstützt durch Harfen und Flöten entstand eine geschmeidige und klangschöne Interpretation, wobei gerade die letzten vier Gesänge »Symphonia«, »Humilitas«, »Virtutes« und »Finale« durch die sowohl spannende als auch zugleich feingliedrig-asketische Interpretation hervorstachen. Stehende Ovationen für eine couragierte Darbietung.

Artikel vom 23.08.2005