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Ausstellung über Sprachkünstler

Dieter Forte löste mit Drama über die Reformation Theaterskandal aus

Düsseldorf (dpa). Mit Dieter Forte (70) widmet das Heinrich-Heine-Institut in Düsseldorf einem der wichtigsten deutschsprachigen Dramatiker, Romanciers, Hörspiel- und Fernsehautoren eine Ausstellung.
Dieter Forte schreibt Bücher mit mehr als 800 Seiten, ohne dass sie langweilen. Foto: dpa
Von diesem Sonntag an bis zum 20. November sind Materialien zu Leben und Werk des 1935 in Düsseldorf geborenen und seit 1971 im schweizerischen Basel lebenden Autors zu sehen. Die Handschriften, Notizen, Plakate, Fotografien und Erstausgaben stammen aus dem Arbeitsarchiv des Schriftstellers, das dieser dem Heinrich-Heine-Institut in Teilen als »Vorlass« übergeben hatte.
Unter den Exponaten sind auch Briefe von Basler Schülern zu Fortes Buch »Das Haus auf meinen Schultern«. In ihnen bekunden die Deutschschüler ihr »Staunen«. Etwa darüber, dass einer so viel zu erzählen weiß und wie »wahnsinnig« es sei, mit Worten mehr als 850 Seiten zu füllen. Unter dem Titel »Das Haus auf meinen Schultern« waren 1999 die ersten drei stark autobiografisch gefärbten Romane Fortes als Trilogie erschienen. Seit der ersten Romanveröffentlichung 1992 galt der Schriftsteller als Chronist deutscher Geschichte - insbesondere der Kriegs- und Nachkriegszeit - schlechthin.
Damit gilt er als Seelenverwandter von Walter Kempowski, der eine Fülle von persönlichen Kriegserinnerungen zusammentrug und in der Reihe »Echolot« veröffentlichte. Auf diese Weise gelang es Kempowski, die dramatische Geschichte des Zweiten Weltkriegs aus der Perspektive derer zu erzählen, die das Grauen und die Zeit der Entbehrung hautnah miterlebten und die Erinnerungen daran nie mehr abstreifen konnten und können.
Zurück zu Dieter Forte: Zahlreiche Theaterplakate in der Schau belegen den »Welterfolg« seines Debüts »Martin Luther und Thomas Münzer oder die Einführung der Buchhaltung« aus dem Jahr 1970. Mit diesem am Basler Theater uraufgeführten Drama über die Reformation zwischen Bibel, Bauernaufstand und Bankwesen hatte Forte Aufsehen erregt - und wegen »Gotteslästerung« einen Theaterskandal ausgelöst.
Im Anschluss wurde Fortes Stück von zahlreichen Theatern adaptiert - darunter von den Ruhrfestspielen, die 1979 mit einer mit Pfennigen und Markstücken gefüllten Nuckelflasche für das Drama warben: »Geld regiert die Welt«.
Forte war zuletzt 2003 mit der Ehrengabe der Heinrich-Heine- Gesellschaft seiner Geburtsstadt geehrt worden: Eine undotierte Gabe zur Auszeichnung des literarischen Lebenswerkes. Kritiker bescheinigen Forte seit Jahrzehnten eine herausragende Sprachkunst, eine »hochmusikalische Diktion«. Forte gelinge es in seinen Werken, Zeit-, Geschichts- und Gesellschaftsroman miteinander zu verbinden.

Artikel vom 20.08.2005